Direkt zum Inhalt springen

Nachrichten Ostalb

Windkraft: Suche nach neuen Standorten

Seit dem Atom-​GAU in Japan forciert man auch in Baden-​Württemberg die Bemühungen, möglichst viel Strom aus regenerativer Energie zu gewinnen. Inwiefern sich die landesweite Suche nach weiteren Windkraft-​Standorten auf den Gmünder Raum auswirkt, wollte die RZ vom Regionalverband wissen.

Freitag, 01. Juli 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

Von Gerold Bauer
OSTWÜRTTEMBERG. Die Förderung der Windkraft durch lukrative Einspeisevergütungen war seinerzeit in „Kind“ der rot-​grünen Bundesregierung. Nach dem Machtwechsel in Stuttgart hat sich die grün-​rote Landesregierung das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 zehn Prozent der im „Ländle“ benötigten Energie mit Hilfe von Windkraftanlagen in Baden-​Württemberg zu erzeugen. Aktuell liegt man bei 0,8 Prozent, so dass Umweltminister Franz Untersteller immer wieder betont, wie wichtig die Ausweisung neuer Standorte für Windkraftanlagen sei. Bis zu 100 neue Windräder sollten pro Jahr im Land gebaut werden, um das ehrgeizige energiepolitische Ziel zu erreichen.
In der Amtszeit von Ministerpräsident Erwin Teufel wurde von offizieller Seite kein Zweifel daran gelassen, dass eine „Verspargelung“ der Landschaft nicht erwünscht ist; entsprechend streng waren die Auflagen für die Ausweisung der Vorzugsflächen für Windparks. Die neue Landesregierung hingegen hat schon eine Arbeitsgruppe gebildet, die klären soll, wie die Planung und Aufstellung von Windkraftanlagen erleichtert werden kann. Menschen, die der Windkraft-​Nutzung in der Region skeptisch gegenüber stehen (wegen der negativen Auswirkungen auf das Landschaftsbild, wegen der Lärmbelästigung und wegen massiver Zweifel an der Effektivität dieser Anlagen), machen sich nun Sorgen, dass aus politischen Gründen Grenzwerte und Mindestabstände herabgesetzt werden könnten — um auch dort Windparks bauen zu können, wo die Emissionsschutzrichtlinien bislang dagegen sprachen.
Regionalverbandsdirektor Thomas Eble teilt diese Befürchtung nicht. „Der Windkraft wird bei der momentan laufenden Fortschreibung des Regionalplans zwar eine große Bedeutung beigemessen, aber er habe keine Hinweise, dass an den Auflagen zum Schutz der Bürger „nachgebessert“ werde. Die „TA Lärm“ sei weiterhin maßgebend für die Abstandsregelungen. Eble verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Region Ostwürttemberg schon jetzt 20 Prozent des privaten regionalen Strombedarfs mit Windkraftanlagen erzeugt, die auch in der Region stehen. Dies bedeutet aber nicht, dass man in Ostwürttemberg die Hände in den Schoß legt. Bei der Fortschreibung des Regionalplans werde sorgfältig geprüft, wo noch weitere Vorzugsflächen für Windparks ausgewiesen werden könnten. Dabei werde die bisherige Philosophie der Konzentration auf den Prüfstand gestellt, räumte Thomas Eble ein. „Es ist durchaus möglich, dass wir neue Standorte ausweisen, die sich nur für die Aufstellung von einer oder zwei Anlagen eignen“, so Eble im Gespräch mit der Rems-​Zeitung. „Da will ich im vorhinein nichts ausschließen!“.
Der Regionalverbandsdirektor sieht es als klaren Vorteil für die Planungen an, dass er nun nicht mehr auf Windprognosen oder Emmissionsangaben von Herstellern angewiesen sei, sondern messbare Daten von Anlagen vor Verfügung habe, die in der Region seit mehreren Jahren betrieben werden. „Die Ertragsdaten dieser Anlagen sind in den Windatlas eingeflossen“, so Eble, der im übrigen darauf verweist, dass der Regionalverband bei der Suche nach Standorten nicht alleine dasteht. Es liegen von Kommunen oder potenziellen Investoren gemachte Standortvorschläge oder Anträge auf dem Tisch. Bis zum Herbst, erklärte Eble, seien konkretere Aussagen möglich.
Einer der vorgeschlagenenen Standorte liegt zwischen Durlangen und Täferrot. Der Gemeinderat von Durlangen hat sich bereits dafür ausgesprochen, Täferroter wird wohl demnächst einen ähnlichen Beschluss fassen. Am 15. Juli werden die Gremien beider Gemeinden diesbezüglich gemeinsam tagen.
„Weder aus Durlangen noch aus Täferrot hat sich bisher jemand gemeldet, der gegen dieses Projekt ist. Seit dem Atomunfall in Japan denkt die Mehrheit der Bevölkerung anders“, sagt Täferrots Bürgermeister Jochen Renner, der noch nie einen Hehl daraus gemacht hat, ein Protagonist von regenerativer Energie zu sein. Um mit gutem Beispiel voran zu gehen, habe er auf seinem Privathaus nicht nur eine Photovoltaik-​Anlage, sondern möchte dort bis in einigen Monaten auch eine ganz private Hauswindkraftanlage betreiben. „Diese wird nur fünf Meter über den First ragen und eine Leistung von zwei Kilowatt pro Stunde haben.“
Den damit erzeugten Strom möchte er nicht ins Netz einspeisen, sondern im eigenen Haus speichern und dann selbst verbrauchen. Er werde deshalb an einem Pilotprojekt der Firma Varta teilnehmen, die derzeit spezielle Batterien für diesen Zweck entwickelt. „Wer seinen Strom selbst erzeugt, geht viel bewusster damit um“, ist der Täferroter Schultes überzeugt und bedauert, dass in vielen Haushalten noch völlig unnötigerweise echte Stromfresser in Betrieb sind. „Man kann zum Beispiel für nur 80 Euro eine neue Pumpe in die Heizung einbauen, die nur noch zehn Prozent des Strom braucht, den die alte Pumpe benötigt.
Auf Nachfrage der RZ bestätigte Bürgermeister Renner, dass die Gemeinde Täferrot weiterhin sehr daran interessiert sei, von zusätzlichen Windkraftanlagen im Bereich Striethof zu profitieren. „Die dort aufgrund der Leitungskapazität technisch noch möglichen zwei Anlagen werden angesichts der politischen Marschrichtung der neuen Landesregierung wohl auf alle Fälle gebaut — und wenn sie sowieso kommen, dann sollen sie auch auf einem Gemeindegrundstück stehen, damit die Pachteinnahmen der Allgemeinheit zu Gute kommen.

14 Tage kostenlos und unverbindlich testen?
Das RZ-Probeabo - digital oder klassisch mit Trägerzustellung

3150 Aufrufe
783 Wörter
4689 Tage 17 Stunden Online

Beitrag teilen

Hinweis: Dieser Artikel wurde vor 4689 Tagen veröffentlicht.


QR-Code
remszeitung.de/2011/7/1/windkraft-suche-nach-neuen-standorten/