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Viele Leben gerettet: Vor 50 Jahren wurde die Repa gegründet Sicherheitsgurte und Airbags aus Alfdorf

Im Jubiläumsjahr 125 Jahre Automobil gibt es auch im Altkreis Gmünd einen runden Geburtstag zu feiern. Vor 50 Jahren wurde das Unternehmen gegründet, das heute in Alfdorf unter dem Namen TRW zu den ganz Großen in der Zulieferbranche gehört.

Donnerstag, 07. Juli 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
4 Minuten Lesedauer

GMÜND-​LINDACH /​ALFDORF (pm/​ml). Es war im Jahr 1961, als Erich Klink in Lindach ein Feinstanz– und Repassierwerk unter dem Namen REPA gründete. Im Gründungsjahr arbeiteten in Lindach sieben Mitarbeiter, der Umsatz dieser überschaubaren Zahl betrug zu Beginn 400 000 Mark. In den folgenden fünf Jahren verfünffachte sich der Umsatz auf 2,1 Millionen DM und die Mitarbeiterzahl stieg rapide auf 61 Beschäftigte.
Repa startete damals mit eigenem Werkzeugbau und hoch qualifizierten Werkzeugmachern. Abnehmer waren: namenhafte Hersteller von Lenkungen, Getrieben, Büromaschinen, Sportwaffen und Strickereimaschinen.
In den 60er-​Jahren gab es einen großen Autoboom – aber auch verheerende Unfallzahlen mit schwersten Verletzungen und Todesfällen. Erich Klink erkannte das Potenzial des Dreipunktgurtes für den Insassenschutz rechtzeitig und reagierte schnell mit der Lieferung von Beschlagteilen für die Sicherheitsgurtproduktion, allen voran für den Kunden Volkswagen. Mit dem damaligen Gespür für die Zukunft und seinem Weitblick wurden die Weichen zu einem aufstrebenden internationalen Unternehmen gestellt.
Die damalige Repa GmbH gab sich nicht mit der Einzelteillieferung für den Sicherheitsgurt zufrieden, sondern wollte als Sicherheitsgurtlieferant Nummer 1 in Zukunft die deutsche Automobilindustrie beliefern und vor allem den Autofahrer mit dem Sicherheitsgurt schützen. Aus der kleinen Feinstanzerei wurde innerhalb kürzester Zeit ein aufstrebender mittelständischer Betrieb für die Automobilindustrie 1967 wurden die ersten Sicherheitsgurte an Volkswagen und Porsche ausgeliefert. Die Umsatzkurve nahm rasant zu von knapp zwei Millionen DM im Jahr 1966 auf 20 Millionen DM im Jahre 1970.
Bereits in diesen Jahren war Repa bei Innovationen führend. 1970 wurden unter anderem die Repa – Automatic-​3-​Punkt-​Gurte mit Einhandbedienung, Energiewandler und Rücklaufsperre einem Fachgremium vorgestellt. Ein überaus interessanter Aspekt war damals, dass Wolf-​Dieter Klink, der Sohn des Firmengründers, bereits zu diesem Zeitpunkt mit einer Sensation aufwartete: dem Repa-​Air-​bag-​System. Anschaulich demonstriert an einem VW Käfer auf der Beifahrerseite. Damals wurden die notwendigen Crashversuche mit hergerichteten Autos auf dem Betriebsgelände in Lindach vollzogen – mit lebenden Fahrern. War nun die Epoche dieses neuen hochtechnisierten Luftsackes angebrochen? Natürlich noch nicht – 10 Jahre bis zum ersten Fahrerairbag und 17 lange Jahre bis zum ersten Beifahrerairbag sollte es noch dauern.
Im Bereich des Sicherheitsgurtes war jedoch die Entwicklung nicht mehr aufzuhalten, 1971 fertigte und patentierte Repa erstmals den Automatikgurt. Mit diesem Fortschritt und den wachsenden Aufträgen war das Werk in Lindach zu klein geworden und die Entscheidung für den Bau eines weiteren Werks lag auf der Hand. Da hierzu ein hoher Bedarf an Investitionen notwendig war, kam das Angebot einer Beteiligung von TRW zur richtigen Zeit. Das Unternehmen TRW Inc. – benannt nach seinen Gründern Thomson, Ramo und Wooldridge — wollte seine Automobilzuliefersparte auch in Europa ausweiten und übernahm 70 Prozent der damaligen Repa für rund acht Millionen US-​Dollar und ermöglichte somit, das notwendig gewordene Werk in Alfdorf zu bauen.
Das neue Werksgelände in Alfdorf, zu Beginn mit einer Fläche von 3660 Quadratmetern und einer Belegschaft von 600 Mitarbeitern, reichte nicht lange Zeit aus. Daher wurde ein Jahr später die Werkserweiterung um 7000 Quadratmeter umgesetzt. Hier konnte nun die neue Sicherheitsgurtmontage und das dazugehörige Teilelager untergebracht werden.
Es wurden nun täglich 20 000 Gurte, davon 14 000 mit Aufrollautomatik, von 1000 Mitarbeitern produziert. Bei diesen Produktionszahlen feierte man 1974 den 6-​Millionsten Automatikgurt. Produziert wurde für alle deutschen Hersteller. Kein Wunder, dass im nächsten Jahr schon der 10-​Millionste Repa-​Gurt vom Band lief. In Alfdorf waren nun Härterei, Werkzeugbau, Stanzerei, eine hochmoderne Galvanik, die Qualitätssicherung und eine Crashanlage vorhanden.
Es kam nicht unerwartet aber unerwünscht für sehr viele Autofahrer. Am 1. Januar 1976 führte die Bundesregierung die offizielle Anschnallpflicht ein. „Den Gurtmuffeln muss klar werden, dass der Gurt Lebensretter Nummer eins ist“. hieß es dazu. Ein Boom bei TRW-​Repa war die Folge. 1979 musste daraufhin das Werk nochmals um 3200 Quadratmeter erweitert werden. Bei Crashtests und Auswertungen bei Realunfällen war das zentrale Thema die Problematik der Vorverlagerung des Insassen, trotz angeschnalltem Sicherheitsgurt, und damit verbunden der mögliche Aufprall des Kopfes auf das Lenkrad. Somit musste der Gurt gestrafft werden. TRW Repa arbeitete eng mit der Entwicklungsabteilung von Mercedes-​Benz zusammen und 1980 wurden die ersten Gurtstraffer produziert. Mit Hilfe einer pyrotechnischen Treibladung wird der Gurt in Millisekunden fest angezogen und der Insasse mit Kraft im Sitz gehalten. Während in den damaligen Jahren die Diskussion der Gurtpflicht öffentlich geführt wurde, arbeiteten Entwicklungsabteilungen bei den Automobilherstellern und Zulieferern bereits fieberhaft an einer neuen Entwicklung, für einen noch besseren Insassenschutz: Den Airbag. Bereits am 6. Oktober 1951 hatte ein Münchner ein Patent dafür angemeldet, deshalb gilt Walter Linderer als Erfinder des Airbags.
Die Umsatzzahlen in Alfdorf stiegen von 1981 – 1985 um 72 Millionen DM bei 120 Neueinstellungen. Damit waren nun 1152 Mitarbeiter beschäftigt. 1985 wurden 70% der Sicherheitsgurtfirma Sabelt erworben, die in Turin (Italien) Fiat belieferte. 1983 wurde das Unternehmen Securaiglon in Angers (Frankreich) übernommen und ein Jahr später das Werk ISSA in Burgos (Spanien).
1987 wurde die Airbagproduktion mit 11 Einheiten für den Beifahrerairbag begonnen. In den ersten zwei Jahren wurden nur für die S-​Klasse 37 343 Einheiten produziert. 1987 – 1989 spezialisierte sich TRW auf Beifahrerairbags, Lenkradhersteller lieferten den Fahrerairbag. Mit den getätigten Akquisitionen in Europa konnte 1987 auch die Produktion des 100-​millionsten Automatikgurtes gefeiert werden. Ein Umsatz von insgesamt 435 Millionen DM wurde in diesem Jahr erreicht, davon 324 Millionen DM in Alfdorf.
Das Werk in Lindach wurde 1991 geschlossen und Werkzeugbau als auch Stanzerei nach Alfdorf verlagert. Ein logischer Schritt, denn dadurch wurden die Arbeitsprozesse in der Stanzerei optimiert und der Werkzeugbau in Alfdorf erweitert und modernisiert. Darüber hinaus wurde auch ein wichtiger Beitrag für den Umweltschutz geleistet, denn das Werk in Lindach grenzte unmittelbar an ein Wohngebiet.
Waren die Insassen eigentlich durch die Sicherheitsgurte und Frontairbags nun ausreichend geschützt? Schon lange wurde auch am Seitenaufprallschutz gearbeitet und schon 1995 ging der erste Seitenairbag in Serie. Auch TRW Repa war von Anfang an mit dabei und es sollte dann ein Seitenairbag sein, der symbolisch als 5-​millionster Airbag an BMW überreicht wurde. 27% der damaligen gesamten Airbagproduktion Europas war in den Händen von TRW.
1997 verschwand fast unbemerkt der Zusatz Repa im Namenszug – fortan hieß es: TRW Insassenschutzsysteme oder TRW ORSE (Occupant Restraint Systems Europe). Durch die Übernahme der restlichen Anteile an Repa war TRW im Besitz von 100%. Im gleichen Jahr gelang es, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch die Akquisition von Magna Safety Technology weiter auszubauen. Verbunden mit dieser Übernahme war eine Lenkrad– und Airbagfertigung in vier Werken in Europa mit dem Entwicklungszentrum in Aschaffenburg.
In Alfdorf wurde 1997 die Auslieferung des 10-​millionsten Airbags gefeiert. Bereits ein Jahr später wurde mit der Produktion eines neuen Airbags begonnen: Der erste Kopfschutzairbag (Curtainairbag) wurde für Audi in Alfdorf gefertigt. Dieser weitere Seitenschutz soll die Insassen insbesondere im Kopfbereich bei einem Seitenaufprall schützen und fällt wie ein Vorhang aus dem Dachhimmel.

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