Direkt zum Inhalt springen

Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Wie ein Stück Gmünder Stadt– und Stuttgarter Hofgeschichte den Weg ins Kepplerhaus fand

Am Samstag ist es wieder soweit: Weitere zu Gunsten der Johanniskirche und des Salvators gespendete Schätze werden von 8.30 bis 12 Uhr im Rahmen der „KKK“-Aktion im Kepplerhaus am Münsterplatz verkauft.

Freitag, 26. August 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 53 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (bt). Noch sind die Lager gut gefüllt: Am Samstag sind vor allem Zinn und Bleikristall im Kunst-​Kitsch-​Krempel-​Angebot; weil am arbeitsfreien Samstag Familien erwartet werden, ist neue, nicht gebrauchte Kinderkleidung weiterer Schwerpunkt, Bücher, in denen sich schon mal schmökern lässt, sowie Schmuck, an dem es bislang das größte Interesse gibt — weitere Spenden nimmt der Salvator-​Freundeskreis gerne entgegen. Unter den buchstäblich einzigartigen Artikeln, die zu bewundern sind, die gekauft oder ersteigert werden können, findet sich einiges, das untrennbar mit der Stadt und vor allem mit erzählenswerten Geschichten verbunden ist. Da ist zum Beispiel die Krone, die der Königliche Hofmusiker Konrad Neher anlässlich der Verleihung eines „Königlichen Civildienstordens“ erhielt. Seine stolze Schwester hatte ihm diesen durchaus kostbaren, gülden aussehenden Lorbeerkranz anfertigen lassen und mit einem Gedicht gewürdigt, dass „Dein König selbst gerührt“ war vom Musizieren des Gmünders.
Johannes Schüle hat die Geschichte der Familie Neher dokumentiert, die fast zwei Jahrhunderte lang von sich reden machte; Orgelbauer, Organisten und Musiker gingen aus ihr hervor, unter anderem die Orgel in Wüstenrot oder die frühere Degenfelder Orgel sind Neher-​Arbeiten. Die Familiengeschichte liest sich wie ein Roman: Josef Neher kämpfte im 18.Jahrhundert jahrelang darum, seine Liebste heiraten zu dürfen, wurde gar inhaftiert, als die beiden, na ja, ohne den Segen der Kirche rumgemacht haben. Erst als die Geliebte ein Kind unter dem Herzen trug, konnte der Rat nicht anders, als diese Verbindung zu legitimieren — bis weit ins 19. Jahrhundert hinein musste eine Hochzeit genehmigt werden; so sollte verhindert werden, dass Kinder nicht ernährt werden konnten und die Stadt für deren Unterhalt aufkommen musste. Joseph Neher freilich konnte seine Familie ernähren. Und er gab sein Geschick und seine Musikalität weiter. In der zweiten Generation fällt vor allem die Kindersterblichkeit auf: Beim einen starben zwölf von 16 Kindern in den ersten Lebensjahren, der andere hatte den Tod von 13 Kindern zu beklagen. In der vierten Generation konnte Konrad Franz Neher nach der Gmünder Lateinschule in Ellwangen Theologie studieren. Im Militärdienst wurde er 1824 der königlichen Leibgarde zu Pferde zugeteilt und machte sich dort als Trompeter erster Klasse einen Namen. Als 1840 eine Stelle für Contrabass in der Hofkapelle frei wurde, fiel die Wahl auf ihn; dass er auch als Fagottist eingesetzt und den hohen Ansprüchen des Hoforchesters gerecht wurde, spricht für die Ausbildung, auf die seine Familie so großen Wert gelegt hatte.
Als er 1872 ehrenvoll in den Ruhestand versetzt und gleichzeitig mit der goldenen Verdienstmedaille geehrt wurde, hat seine Schwester dem „geliebten Bruder“ eine Lorbeer-​Krone gewidmet. Und eben dieses Stück sucht jetzt jemanden, der sich daran freut.

14 Tage kostenlos und unverbindlich testen?
Das RZ-Probeabo - digital oder klassisch mit Trägerzustellung

3647 Aufrufe
453 Wörter
4637 Tage 8 Stunden Online

Beitrag teilen

Hinweis: Dieser Artikel wurde vor 4637 Tagen veröffentlicht.


QR-Code
remszeitung.de/2011/8/26/wie-ein-stueck-gmuender-stadt--und-stuttgarter-hofgeschichte-den-weg-ins-kepplerhaus-fand/