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Einholung des Garbenwagens in Gschwend

Bei strahlendem Wetter säumten am Samstag wieder Hunderte von Besuchern die Straßen in der Gschwender Ortsmitte rund um die evangelische Kirche. Sie erwarteten den kleinen Festzug, der alljährlich aus Anlass der feierlichen Einholung des Garbenwagens durch Gschwend zieht.

Montag, 08. August 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 15 Sekunden Lesedauer

Von Dorothee Wörner
GSCHWEND. Der Brauch geht zurück auf das Jahr 1817. Damals hatte ein Großteil der Bevölkerung in Europa und weltweit das Jahr 1816 überstanden, das als „Jahr ohne Sommer“ bezeichnet wurde. Ein Jahr mit Missernten und Hungersnot, bedingt durch die Aschewolke, die nach einem Vulkanausbruch auf Indonesien durch die Atmosphäre trieb und einen Sommer lang die Sonne verdunkelte.
Nach einem Erlass des württembergischen Königs Wilhelm I. wurde im darauffolgenden Jahr 1817, die Bevölkerung aufgefordert ihre Dankbarkeit für eine gute Ernte auszudrücken. In Gschwend geschah das mit einem geschmückten Getreidewagen zu Beginn der Roggenernte und aus einer tiefen Volksfrömmigkeit heraus mit der Feier eines Dankgottesdienstes in der evangelischen Kirche.
Viele Kirchengemeindemitglieder und die Konfirmanden halfen auch in diesem Jahr beim Binden der Girlanden, für die bunte Sommerblumen aus den Gärten der Umgebung gespendet wurden. Die Garben wurden fachgerecht nach alter Tradition aus Roggen gebunden und auf den Wagen gesetzt. Jahrelang wurde dieser Wagen vom Pferdegespann des inzwischen verstorbenen Manfred Wahl gezogen. Seit zwei Jahren spannt nun schon Oskar Köngeter aus Alfdorf-​Brech seine Pferde vor den Garbenwagen. „So ist es Brauch“, sagen Zuschauer, die am Straßenrand stehen. „denn wie sähe das denn aus, wenn ein Traktor dieses historische Gefährt ziehen würde“.
Die Kirchenglocken begannen zu läuten und so setzte sich der Zug auch in diesem Jahr wieder in Gang, Ausgangspunkt war der Hof der Familie Hägele in der Gmünder Straße, dort war der Wagen von vielen helfenden Händen geschmückt worden. Die Kindergartenkinder führten den Zug an, ihnen folgten Schulkinder und Konfirmanden. Mit bunten Kränzen aus frischen Blumen hatten die Mädchen ihre Haare geschmückt, auch die Jungs hatten sich Blumen ans Revers gesteckt.
Hinter dem Fuhrwerk schritt im schwarzen Talar, der evangelische Pfarrer aus Gschwend, Jochen Baumann. Einmal ging es um den Marktplatz herum, dann stellte sich Pfarrer Baumann an die Eingangstür des Gotteshauses und verlas Psalm 104 mit dem Lob über Gottes Schöpfung. Der evangelische Kirchenchor und der Musikverein Gschwend umrahmten die feierliche Zeremonie musikalisch und alle Zuschauer stimmten in ein Danklied mit ein.
Jedes Jahr kommt Lotte Kerker mit ihrem Mann, um den Festzug anzuschauen, in diesem Jahr hat sie Gäste aus Kaisersbach mitgebracht, denen sie die Tradition einmal zeigen wollte und Herbert Volland aus Gschwend wird mit seiner Kamera viele Bilder machen. Er findet es wichtig, dass dieses Brauchtum erhalten bleibt und hofft, dass auch weiterhin so viele Besucher nach Gschwend kommen und ihr Interesse daran zeigen. Dieter Weißhaar und Johanna Schuster sind stolz darauf, dass in Gschwend der schöne Brauch über so viele Jahre gepflegt wird und bewundern die Menschen, die das Getreide heute noch in Handarbeit schneiden und die Garben binden.
Die Familie Heinz vom Gschwender Teilort Waldhaus betreibt selbst eine Landwirtschaft und hat früher den Wagen zur Verfügung gestellt. Für sie ist es selbstverständlich, dass sie sich die Einholung des Garbenwagens anschauen. Anschließend gingen sie mit all den anderen in die Kirche. Dort wird ein Erntebittgottesdienst gefeiert, denn schließlich gibt es heute wie damals Gründe, um eine gute Ernte zu bitten und dafür dankbar zu sein.

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