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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

In den Pfanderschen Gärten werden an der Grenze zum Buntsandstein Bäume zur Gefahr

Es geht einfach nicht. Selbst ein Bericht über den Verlust einer Eiche, die Schäden, die sie im Fallen verursacht hat, über abgeschlossene und geplante Baumfällarbeiten gerät in den Pfanderschen Gärten zur Schwärmerei.

Freitag, 27. Januar 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (bt). Sie war groß und schön, sie hat das 1,5 Hektar-​Grundstück direkt neben dem Salvator geschmückt. 2014 hätten sich Besucher der Landesgartenschau an ihr gefreut, denen Dr. Ingeborg und Dr. Johannes Pfander den Zutritt ermöglichen wollen. Jetzt ist sie Geschichte: Eine rund 170 Jahre alte und über 20 Tonnen schwere Eiche in den Pfanderschen Gärten krachte dieser Tage in umliegende Bäume und auf Teile der historischen Anlagen – glücklicherweise, ohne größeren Schaden zu verursachen. Es war morgens um vier; der Nachwuchs feierte noch, die Eltern fuhren ob des infernalischen Lärms aus dem Schlaf und wussten nicht, wie ihnen geschah.
Johannes Pfander fühlt sich jetzt ein bisschen wie Sisyphos, jener arme Teufel aus der griechischen Mythologie, der unentwegt mit seinem Felsen zugange ist: „Wir waren eben fertig mit der Winterarbeit.“ Insbesondere hatte man, in Absprache mit den Behörden, 25 Fichten gefällt, die stockfaul waren und zu eng gesetzt, zudem den Boden bereitet für ein beispielhaftes Bauprojekt. Nun stehen weitere Großeinsätze an. Aber wie wird dieser Koloss aus dem Hang geborgen, ohne weitere Schäden anzurichten? Pfander wurde gewarnt, außer kleineren Aufräumarbeiten nichts zu tun, nichts anzufassen; würde er damit beginnen, Äste zu entfernen, liefe er Gefahr, den ganzen Stamm, der im Schnitt einen Durchmesser von 1,20 Meter hat, abrutschen zu lassen. Mit unabsehbaren Folgen. So überlässt er also dem Lorcher Forstbetrieb die Arbeit. Er, der seit 18 Jahren jede freie Minute in dieses Grundstück investiert, ist damit nicht eben glücklich. Nicht nur die Eiche muss entfernt werde; im Fallen hat sie andere Bäume wie Ahorn und Eibe ihrer Kronen beraubt, wie nun weithin zu sehen ist; auch sie werden vermutlich nicht zu halten sein. Ebenso eine weitere Eiche, die stehen zu lassen einfach zu riskant wäre: Bereits 1985 und 1995 sind am Übergang vom wasserdurchlässigen Stubensandstein zum allzu leicht aufquellenden Knollenmergel Eichen gefallen; diese Hangkante ist einfach zu instabil.
Ob das Zahnarzt-​Ehepaar aus Fellbach beim Kauf gewusst hat, worauf es sich einlässt? Kaum abzuschätzen, was die beiden geleistet haben, seit sie erstmals einen Fuß auf das brennnesselüberwucherte Anwesen gesetzt und sich in die Villa Buhl verliebt haben. Die war vom Regierungspräsidium ausgeschrieben, denkmalgeschützt, freilich furchtbar heruntergekommen und hinter verwilderten Bäumen, Büschen und Gestrüpp kaum noch zu sehen. Mittlerweile findet sich hier ein märchenhafter Garten, dessen Quellfassungen, Mäuerchen, Türmchen und Terrassen, dessen verschlungene Wege, Bäche und Nischen sowie die Brunnen mit ihren Moosen und Farnen auch im Winter von einem Zauber sind, dem sich kaum jemand zu entziehen vermag. Wie gut, dass die Druckwelle der fallenden Eiche lediglich die bereits beschädigte Apollonia-​Statue umgeweht hat, 1619 wohl vom Fellbacher Steinmetz Kaspar Vogt geschlagen; ihre Sanierung wurde bereits in Auftrag gegeben, ebenfalls bei einem Fellbacher Steinmetz. Sonst gibt’s nur zusätzliche Arbeit und Schmutz und einen mächtigen Baum weniger. Es hätte auch anders ausgehen können.
Nicht auszudenken etwa, wenn die uralten Stollen zu Schaden gekommen wären, deren Geheimnisse noch immer darauf warten, ergründet zu werden: Die Tiefe der 27 Meter langen Haupthöhle etwa sieht nur einmal im Jahr Sonnenlicht, an Mittwinter, 21. Dezember, um halb neun Uhr. Die hohen Gänge und Kavernen wurden in uralter Zeit angelegt, von Hand in den Felsen getrieben, und seither immer wieder genutzt. Aber wofür, und von wem? Als Fortsetzung der Felsenkapellen des St. Salvator? Die Pfander-​Gärten am Nepperberg sind ein Schatz, der die Stadt so viel reicher macht. RZ-​Redakteur Heino Schütte hat sich dem Anwesen immer wieder gewidmet und weiß um ihre Bedeutung. Auch anderen wird zunehmend bewusst, was dort oben auf dem Nepperberg aus dem vielzitiertem Dornröschenschlaf erwacht. D’Ann Ricciolini hat den „Elfengarten“ – der seinen Namen mit gutem Grund trägt – als Theaterkulisse für die Suche nach der verschollenen Hohepriesterin von Avalon gewählt. Dass neben der Stadtverwaltung auch der Denkmalschutz und der Chefplaner der Landesgartenschau Karl-​Eugen Ebertshäuser nicht müde werden, das Engagement der Pfanders zu loben, versteht sich von selbst: Wie könnte die Stadt, wär’s ihr Projekt, so viel Arbeitszeit und so große Kosten rechtfertigen. Denn es sind ja nicht nur die Baudenkmale, die mit großer Sorgfalt saniert und für die Zukunft erhalten werden.
Mit ein bisschen Phantasie sind sie schon jetzt zu sehen, die Besucher, die 2014 auf dem historischen Kirchenwegle vom Salvator her kommend, den Blick auf die umgestaltete Stadt genießen. Die die Wildwiese bewundern, Quitten, Wilde Eierbirne und Maunzenapfel, Speierling, Elsbeere und den Mispelbaum. Natürlich Johannes Pfanders wunderschöne Rosen – Wildrosen, Duftrosen und ganz viele historische Züchtungen – sowie all die anderen botanischen Besonderheiten, die dort so üppig blühen, die wachsen und gedeihen, dass sich auch all jene dort oben nicht satt sehen können, deren Leidenschaft nicht Denkmalschutz und Archäologie gilt, schönen Bauten, wie sie dem in Gmünd unvergessenen Johannes Buhl und nun den Pfanders zu verdanken sind. Oder den Geschichten aus alter Zeit.

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