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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Mehr als nur zudringlich geworden

Er habe nur eine Freundin kennenlernen wollen, meinte gestern vor dem Gmünder Schöffengericht ein 1991 in Afghanistan geborener Asylbewerber. Das nahm ihm das Gericht aber nicht ab, denn dort musste er sich wegen einer massiven sexuellen Nötigung verantworten. Die brachte ihm eine Freiheitsstrafe ein, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Freitag, 16. November 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 8 Sekunden Lesedauer

Von Dietrich Kossien
SCHWÄBISCH GMÜND. Staatsanwältin Koller verlas die Anklage. Danach hielt sich der Beschuldigte auf einem am Wald in Oberbettringen gelegenen Feldweg mit seinem Fahrrad auf, als eine Joggerin vorbei kam. Diese habe er mehrfach angesprochen, ob sie eine Minute Zeit für ihn habe. Als sie darauf nicht reagierte, habe er sie mit dem Fahrrad verfolgt, überholt und sich ihr in den Weg gestellt. Dann habe er sie an einem Treppenaufgang gegen das Geländer gedrückt und sie zum Teil ihrer Kleidung entledigt.
Der Frau gelang es aufgrund der geleisteten heftigen Gegenwehr, zu fliehen, so dass es nicht noch zu noch Schlimmeren kam. Der Täter wurde ermittelt und in Untersuchungshaft genommen.
„Es stimmt alles, was sie mir vorwerfen. Ich bereue es sehr“, ließ er durch eine Dolmetscherin den ihn befragenden Amtsgerichtsdirektor Mayerhöffer wissen. Aus dem Lebenslauf des Angeklagten ging hervor, dass er in Afghanistan fünf Jahre zur Schule gegangen war und danach verschiedene Arbeiten ausgeführt hatte. Er sei aufgrund der in Afghanistan herrschenden Konflikte vor ca. einem Jahr nach Deutschland gekommen. Über einen Asylantrag sei noch nicht entschieden. Seine Mutter sei noch in Afghanistan, sein Vater sei dort bei einem Überfall getötet worden.
An dem Tattag sei er aus der Einrichtung für Jugendliche gekommen, wo er ausgeholfen habe. Er habe nicht die Absicht gehabt, eine Frau zu vergewaltigen. Dann aber sei das geschehen, was man ihm vorwerfe. Als die Frau nach Hilfe geschrien habe, sei er selbst erschrocken.
Opfer ist heute immer
noch traumatisiert
Die als Zeugin erschienene Frau sagte aus, sie sei an dem bewussten Tag wie üblich joggend auf diesem Weg unterwegs gewesen. An dem Treppenaufgang sei sie dann bedrängt worden. Seitdem gehe sie nicht mehr Joggen, und habe große Ängste vor Fremden, so dass sie sich in ihrem Leben stark eingeschränkt fühle, weil sie die Tat noch nicht verarbeitet habe.
Dazu meinte der sich wie ein Häufchen Elend gebende Angeklagte, dass er sich für das schäme, was er getan habe. Auch im Verlauf der Verhandlung entschuldigte sich der Angeklagte immer wieder.
Das bringe er glaubhaft rüber, meinte in ihrem Strafantrag Staatsanwältin Koller. Doch die Frau sei ihm hilflos ausgeliefert gewesen. Die Tat sei für das Opfer eine Katastrophe gewesen. Der Tatbestand der sexuellen Nötigung sei erfüllt. Die Tat sei mit drei Jahren Haft zu ahnden, und der Haftbefehl sollte wegen Flucht– und Wiederholungsgefahr aufrechterhalten bleiben. Rechtsanwältin Bellmann als Vertreterin der Nebenklägerin, schloss sich dem an. Ihre Mandantin habe bis heute das Geschehen nicht aufarbeiten können und sei nach wie vor durch die schwere Tat belastet.
Der Verteidiger des Angeklagten sah Strafmilderungsgründe aufgrund der besonderen Lebensumstände seines Mandanten und hielt eine Haftstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt zur Bewährung, für ausreichend. Dem aber folgte das Gericht nicht und verhängte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten – zu viel für eine Bewährung.

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