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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Deutscher Botschafter in Warschau sprach in Gmünd über das Verhältnis zu Polen

„Polen hat sich gewaltig verändert“. Der das sagt, weiß, wovon er spricht. Rüdiger Freiherr von Fritsch, der Gmünd als seine Heimat bezeichnet, ist deutscher Botschafter in Warschau. Gestern Abend referierte er in der Volkshochschule vor einem höchst interessierten Publikum.

Dienstag, 06. März 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 43 Sekunden Lesedauer

Von Manfred Laduch
SCHWÄBISCH GMÜND. Es habe ihr gefallen, dass von Fritsch auf seiner Internet-​Seite „neugierig aufeinander machen“ als sein Ziel angegeben habe, erklärte VHS-​Chefin Ingrid Hofmann bei der Begrüßung, bei der sie auch hervorhob, dass der Referent lange in Gmünd gelebt hat.
Das bestätigte von Fritsch: In der Botschaft werde nur Remstäler Wein kredenzt und als Geschenk verwende er gerne Brände aus Waldstetten. Der 58-​Jährige sprach zunächst von seiner ersten Zeit an der Warschauer Botschaft Ende der 80er-​Jahre. Damals sei das Land von der Planwirtschaft ruiniert gewesen.
Heute kennzeichne „polnische Wirtschaft“ dagegen das einzige Land, das ohne rote Zahlen durch die letzte Krise gekommen sei – natürlich mit Unterstützung, aber mit gut umgesetzter. Das Nachbarland sei ein interessanter Produktionsstandort mit 38 Millionen Menschen, die zum Großteil hervorragend ausgebildet seien.
6000 deutsche Firmen mit 500 000 Arbeitsplätzen seien in Polen aktiv. Das VW-​Werk in Posen gelte als zuverlässigste Produktionsstätte im Konzern.
Früher sei das deutsch-​polnische Verhältnis ein einziges Problem gewesen. Dass man es heute fast als hervorragend bezeichnen könne, sei unter anderem von der Politik Willy Brandts, den Hilfspaket-​Aktionen in den 80er-​Jahren und dem deutschen Einsatz für die Integration Polens in EU und NATO bestimmt worden.
2,2 Millionen junge Leute hätten sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten bei Veranstaltungen des deutsch-​polnischen Jugendwerks getroffen. 1000 kommunale Partnerschaften gebe es zwischen den beiden Staaten.
„Wir sind uns viel ähnlicher, als wir denken“, charakterisierte von Fritsch Deutsche und Polen. Trotz des durch Deutschland erlittenen eigenen Leides gebe es heute in Polen eine immer stärkere Diskussion über das Unrecht der Vertreibung. Die Erkenntnis, dass „jede Schuld, jedes Leid für sich steht“, setze sich immer stärker als Grundlage freundschaftlicher Beziehungen durch.
Dafür spricht auch, dass sich immer mehr Polen in den früher zu Deutschland gehörenden Gebieten intensiv mit der deutschen Vergangenheit ihrer Städte und Gemeinden auseinandersetzten, betonte Rüdiger von Fritsch.
„Das müsste man an unseren Schulen lehren“, bedankte sich Dr. Kurt Scholze von der Gmünder „Arbeitsgemeinschaft Osten“ beim Referenten, ehe er eine über halbstündige Frage– und Antwortrunde, in der es unter anderem um die Situation der deutschen Minderheit in Oberschlesien (von Fritsch: „vorbildlich“), die Rolle der polnischen Nationalkonservativen („immer noch bedeutsam, aber rückläufig“) bis hin zur anstehenden Fußball-​Europameisterschaft in Polen und der Ukraine („eine große Herausforderung für die Botschaft“) ging.

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