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Lina Haag ist am Montag im Alter von 105 Jahren gestorben

Lina Haag hat unendlich viele Menschen berührt und ihre Geschichte wird wohl niemals in Vergessenheit geraten. Daran wird auch ihr Tod nichts ändern.

Mittwoch, 20. Juni 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
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Dass sie am Montag im Alter von 105 Jahren gestorben ist, werden viele Medien zum Anlass nehmen, über sie zu berichten. Lina Haag wird noch einmal im Mittelpunkt stehen. Gewollt hätte sie das nicht. Denn Trubel, so sagte sie vor vier Jahren im Gespräch mit der Rems-​Zeitung, mochte sie noch nie. Und doch gab es einen einzigen Grund, weshalb sie in all den Jahren Einladungen annahm und immer wieder Veranstaltungen besuchte: sie wollte aufklären, aufrütteln und verhindern, dass je einer das erleben muss, was ihr widerfahren war. Vor allem der Kontakt zu den jungen Menschen war ihr hierbei stets wichtig.
Geboren ist Lina Haag, geb. Jäger, am 18. Januar 1907 in Gschwend. Bereits als Jugendliche trat sie dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands bei und lernte dort Alfred Haag, einen kommunistischen Politiker aus Schwäbisch Gmünd, kennen und lieben. 1926 heirateten die beiden; Tochter Käte krönte das Glück. Alfred Haag arbeitete als Redakteur bei der „Süddeutschen Arbeiter-​Zeitung“. Anfang 1932 wird er in den Gmünder Gemeinderat und ein paar Monate später in den Württembergischen Landtag gewählt. Dass die Zukunft nichts Gutes verheißt, spürte das Ehepaar schon sehr früh. Eine Flucht kam jedoch nicht in Frage.
Am 12. Februar 1933 wurde Alfred Haag von den Nationalsozialisten verhaftet; drei Wochen später wurde auch Lina Haag inhaftiert. Die Tochter verbringt die kommenden Jahre bei den Großeltern. Als Lina Haag im April 1939 aus dem Konzentrationslager Lichtenburg bei Leipzig freikommt, beginnt sie für die Freiheit ihres Mannes zu kämpfen. Es gab nichts und niemanden, was sie daran hätte hindern können. „Ich möchte Sie bitten, ihn freizulassen“, gibt sie in ihrem Buch „Eine Hand voll Staub“ jene Worte wieder, die sie damals an Heinrich Himmler richtete. In ihren Aufzeichnungen heißt es weiter: „Mehr sage ich nicht. Ich bettle nicht. Vielleicht sieht er die Angst um dich in meinen Augen.“ Warum und wieso es dazu kam, darüber kann nur spekuliert werden – am 1. Februar 1940 jedoch ordnete Himmler die Freilassung von Alfred Haag an. Doch das Glück ist nur von kurzer Dauer: nach drei Monaten wird Alfred Haag zu einer Handwerkerkompanie an die Ostfront eingezogen. 1944 lässt sich Lina Haag in ein Lazarett nach Garmisch versetzen, wo sie als Masseurin arbeitet. Begleitet von der Furcht, entdeckt zu werden, schreibt sie hier zugleich ihre Erinnerungen nieder. Im Herbst 1948 kehrt Alfred Haag aus einem sowjetischen Kriegsgefangenenlager zurück. Gestorben ist er am 8. August 1982. So wie ihr Mann bis zu seinem Tod stets versucht hat, die Erinnerung an die Schrecken des Dritten Reiches wachzuhalten, so sehr hat sich auch Lina Haag stets dafür eingesetzt, dass das Erlebte nicht in Vergessenheit gerät. Sie hat gekämpft, ihr ganzes Leben lang.

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