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Böbinger Kunstfahrer besuchten Albrecht Dürer

Galten die bisherigen Museumsbesuche – immerhin schon 17 an der Zahl – ausschließlich baden-​württembergischen Kunststätten, trieb es die Böbinger Kunstfahrer dieses Mal ins bayrische „Ausland“, nach Nürnberg, zur Ausstellung „Albrecht Dürer – In jungen Jahren zum Genie“.

Freitag, 10. August 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 48 Sekunden Lesedauer

BÖBINGEN (pm).
Dem Germanischen Nationalmuseum, dem größten kulturhistorischen Museum des deutschen Sprachraums, war es vergönnt, den jungen Dürer mit Malwerken, die er bis zu seinem 34. Lebensjahr geschaffen hatte, präsentieren zu können. Eine Ausstellung, die inzwischen in der internationalen Presse und Medienlandschaft als einmalig gewürdigt wird. Albrecht Dürer, der „deutscheste der deutschen Künstler“, wie ihn der Schweizer Kunsthistoriker Heinrich Wölfflin (1864 — 1945) bezeichnet, ist eben nicht nur der Künstler der „Betenden Hände“ oder des „Feldhasen“.
Nein, schon in jungen Jahren emanzipierte sich der Maler von seinen Vorgängern und Vorbildern und gelangte schon zu seinen Lebzeiten zu Weltruhm. So schwärmte etwa der große Humanist Erasmus von Rotterdam verzückt, wenn er von Dürer sagte, dass dieser Dinge male, die eigentlich undarstellbar seien.
Nun aber zurück zu den Böbinger Kunstfahrern, denen sich – wie schon so oft – Kunstfreunde aus Schwäbisch Gmünd und Heubach angeschlossen hatten. Deren erster Besuch in Nürnberg galt der Sebalduskirche, die im ältesten Stadtkern gelegen ist, und in deren unmittelbaren Schatten Albrecht Dürer aufwuchs. Warum wurde gerade die Sebalduskirche aufgesucht? Sie spielte einmal im persönlichen Leben Dürers eine bedeutende Rolle (Taufe, Heirat), und inspirierte zum anderen ihn mit ihrer Ausstattung für sein künstlerisches Schaffen. Der Kunsthistoriker Kesselring, der in einem eineinhalbstündigen Vortrag die Böbinger Kunstfreunde durch die Kirche führte, stellte ein äußerst wertvolles Inventar vor allem vorreformatorischer Kunst vor. So etwa das Grabmal des Stadtpatrons St. Sebald, ein Bronzeguss mit reichem Figurenschmuck, nach den Plänen von Peter Vischer (1508 – 1519). Ein wichtiges Werk an der Schwelle von Mittelalter und Renaissance.
Neben 24 verschiedenen Madonnendarstellungen sind noch mehrere Werke des Bildschnitzers Veit Stoß hervorzuheben, so zum Beispiel sein Apostel Andreas.
So nun bestens „vorpräpariert“ führte der Weg der Gruppe nunmehr zur eigentlichen Dürer-​Ausstellung. Im Germanischen Nationalmuseum wurden die Teilnehmer bereits von der Kunsthistorikerin Horngeber erwartet, die in einer rund zweistündigen Führung sich als exzellente Dürer-​Expertin erwies. Bei aller künstlerischen Genialität, über die Dürer schon in jungen Jahren verfügte, hatte er dennoch das Glück, in eine Familie hineingeboren und in einem inspirierenden Umfeld aufgewachsen zu sein, in dem er seine ganze Kreativität entfalten konnte. Der Vater war ein angesehener Goldschmied.
Seinen Lehrmeister in der Malerei, Michael Wolgemut, kannte Albrecht schon von Kindesbeinen an. Anton Koberger, ein Medienmogul seiner Epoche, war Dürers Taufpate, und war ihm ein Beispiel dafür, wie man Kunst erfolgreich vermarktet. In der Burgstraße, in der Dürer lebte, wohnten zudem zahlreiche Spitzenkräfte aus Politik, Wirtschaft, Handwerk und Wissenschaft.
Welches waren aber nun die eigentlichen Pioniertaten Dürers? Was hob ihn über die bisherige Kunstszene hinaus? Hier wären in erster Linie seine Pflanzen– und Tierbilder zu nennen. Mit seinem „Großen Rasenstück“ übertraf er mit Hinblick auf Struktur, Plastizität und räumliche Anordnung bei Weitem die entsprechenden Werke seiner Vorgänger.
Des Weiteren ging Dürer in seiner Landschaftsmalerei weit über das bisher Gewohnte hinaus. War Landschaft bis dahin nur als Beiwerk dienendes Motiv, so erhob Dürer sie zum alleinigen Bildgegenstand. Exemplarisch steht hierfür seine großformatige „Drahtziehmühle“.
Ungewöhnlich für die Zeit bis dahin auch seine intensiven Naturstudien, höchstens vergleichbar mit Leonardo da Vinci. Er suchte stets nach Mitteln und Wegen, Raumtiefe und Atmosphäre, Licht und Schatten, Farbstimmungen und Oberflächenstrukturen naturgetreu wiederzugeben. Repräsentativ wäre hierfür das Gemälde „Waldweiher“ zu nennen.
Horngeber schilderte auch, welche überragende Rolle Dürer im Sujet der Druckgrafiken spielte. Akribisch ausgearbeitete Spitzenwerke machen sein Bestreben deutlich, die Kunst und ihre Mittel umfassend zu verstehen und anzuwenden, um die Grenzen des technisch Machbaren auszuloten.
Nicht zuletzt sind es die faszinierenden Selbst– und Fremdportraits, die beweisen, wie sehr ihm daran gelegen war, naturgetreu und stark individualisiert darzustellen. Physiognomische Details, kleinste Fältchen und Härchen wurden bei ihm akribisch wiedergegeben. Ein grandioses Beispiel hierfür ist sein Selbstbildnis aus dem Jahr 1500.
Es ist sicher nachvollziehbar, wenn die Böbinger Kunstfahrer am Ende dieser Dürer-​Führung mit jedem Wort unterschreiben konnten, dass diese Ausstellung zu Recht den Untertitel führt: „In jungen Jahren zum Genie“.

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