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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Aktionstag Glücksspielsucht auch in Aalen und Gmünd

Die Glücksspielsucht ist die größte „Wachstumsbranche“ der ambulanten Suchtkrankenhilfe. Kein anderer Bereich erfährt derart große Zuwächse.

Dienstag, 28. August 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 34 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND /​OSTALBKREIS (bt). Im September findet wieder ein Aktionstag Glücksspielsucht statt. Wie in vielen Städten Baden-​Württembergs werden auch in Aalen und in Gmünd Aktionen der Suchtberatungsstelle der Kreisdiakonie und des Suchtbeauftragten beim Landratsamt, Berthold Weiß, durchgeführt.
Glücksspielsucht ist eine Krankheit. Sie bestimmt den Alltag von pathologischen Spielerinnen und Spielern. Bei keiner anderen Sucht ist die Gefahr der Verschuldung und Verarmung so groß. Auch die Familien der Betroffenen werden von den Folgen der Sucht voll getroffen. Arbeitslosigkeit, Verlust der Wohnung, Fehlen von Dingen des täglichen Bedarfs, Vereinsamung, Brüche in Beziehungen und in der Familie sowie psychische Erkrankungen oder Suizid(-versuche) sind mögliche Folgen einer Glücksspielsucht.

Die Teilnahme an Glücksspielen ist in der deutschen Bevölkerung weit verbreitet. 87 Prozent der Deutschen nehmen mindestens ein Mal in ihrem Leben an einem Glücksspiel wie beispielsweise Lotto „6 aus 49“ oder „Spiel 77“ teil oder spielen an Spielautomaten in Spielhallen und Gaststätten. Während dies für die meisten Menschen ohne negative Folgen bleibt, wird das Glücksspiel für 2,4 Prozent der Deutschen mindestens ein Mal in ihrem Leben zum Problem. Aktuell gibt es in Baden-​Württemberg etwa rund 40 000 pathologische Glücksspielerinnen und Glücksspieler. Bei fast ebenso vielen wird die Spielsucht als problematisch eingestuft. Was bedeutet, dass im Ostalbkreis ca. 1300 Menschen glücksspielsüchtig sind.
Alarmierend ist für den Suchtbeauftragten auch die große Zahl an „Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit“, wie die Geldautomaten beschönigend genannt werden. Allein in den Großen Kreisstädten Aalen, Ellwangen und Schwäbisch Gmünd stehen den Spielern über 550 Automaten zur Verfügung. In diesen Automaten versenken die Spieler im Landkreis Jahr für Jahr den schier unglaublichen Betrag von geschätzten 50 Millionen Euro. Mit fatalen Folgen: Im Durchschnitt ist jeder Hilfesuchende mit einem Betrag von fast 40 000 Euro verschuldet. Doch Glücksspielsucht ist nicht ausweglos. Beratung und Therapie oder Selbsthilfegruppen können den süchtigen Spielern – über 90 Prozent der Betroffenen sind Männer – helfen. Die Suchtberatungsstelle des Kreisdiakonieverbandes in Aalen bietet ambulante Beratung und Behandlung an.
Weitere Informationen zu den Hilfemöglichkeiten im Ostalbkreis gibt es beim Suchtbeauftragten des Landkreises unter 07361 503‑1293 oder bei der Kreisdiakonie Aalen unter 07361 370510, Sozialtherapeut Michael Weller.
Über das Landesglückspielgesetz, das im kommenden Jahr in Kraft treten wird, soll die Zahl der Spielhallen eingedämmt werden. So ist beispielsweise ein Mindestabstand von 500 Metern zu weiteren Spielhallen oder Kinder– und Jugendeinrichtungen geplant: Berthold Weiß zufolge bliebe dann von fünf Casinos in der Aalener Innensstadt nur noch eines übrig. Vorgesehen seien zudem Einlasskontrollen. Dabei würden die Daten der Spieler mit einer Sperrdatei für Spielsüchtige abgeglichen; auch soll eine Sperrzeit von Mitternacht bis 6 Uhr Pflicht werden.
Durch das Gesetz will Grün-​Rot die Spielhallenbetreiber künftig auch dazu verpflichten, zum Schutz vor Spielsucht ein Sozialkonzept zu entwickeln und ihre Mitarbeiter zu schulen. Das Personal müsse erkennen können, ob jemand der Spielsucht zuneige.
Ermöglicht werden soll durch das Gesetz auch eine bessere Bekämpfung des Schwarzmarktes für Sportwetten. Derzeit gebe es landesweit rund 500 illegale Anbieter, so ist zu erfahren. Die Zahl der privaten Büros für Sportwetten soll auf 600 limitiert werden. Es werde zudem bei drei Spielbanken im Land bleiben.
Neu im Gesetz definiert ist laut dem Innenministerium eine Liste von Ordnungswidrigkeiten für Spielstättenbetreiber. Verstöße könnten mit bis zu einer halben Million Euro geahndet werden.
Das Gesetz stellt einen „vernünftigen Ausgleich zwischen Suchtprävention und Gewerbefreiheit“ dar; der Entwurf sieht für Spielhallen, die vor dem 28. Oktober 2011 eine Lizenz bekamen, einen Bestandsschutz bis Mitte 2017 vor.
In Gmünd bietet Psychologe Hermann Gaugele für die Diakonie eine Selbsthilfegruppe an; er betont, das Angebot schaffe die Süchtigen. So habe es in der früheren DDR keine Glücksspielhallen gegeben — und entsprechend keine Süchtigen. Im Ostalbkreis wird hingegen von nahezu 5000 Automatensüchtigen ausgegangen.


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