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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Neue Struktur der Kriminalpolizei bringt Nachteile für Gmünd

Auf den ersten Blick sehen die Details der Strukturplanung für die Kriminalpolizei im Land (die Rems-​Zeitung berichtete mehrfach) nach einer Stärkung des Standortes Schwäbisch Gmünd aus. Es könnten nach der vorgesehenen Einteilung tatsächlich mehr Kriminalbeamte ihren Dienstsitz in der Lessingstraße haben, als heute. Allerdings warnen erfahrene Praktiker vor negativen Auswirkungen auf die Ermittlungsarbeit.

Freitag, 03. August 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 46 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (ml).
Denn die Zahl von 25 Personen, die gegenwärtig in der größten Kriminalaußenstelle (KAST) des Landes tätig sind, wird man schon brauchen, um den in Schwäbisch Gmünd vorgesehenen „Kriminaldauerdienst“ (KDD) zu besetzen. Dieser soll nämlich im Gegensatz zur Kripo heute rund um die Uhr besetzt sein, wird also – wenn man die aktuelle Dienstzeitregelung der Polizei zugrundelegt – in drei Schichten arbeiten.
Dazu wären fünf Dienstgruppen notwendig, wie sie jetzt schon bei den uniformierten Kollegen üblich sind. Geht man für jede Dienstgruppe von mindestens fünf Personen aus, käme man schon auf den bisherigen Umfang. Und es könne ja, so verkauft zumindest die Politik die Reform, sogar noch als eine Art Bonus der Erhalt der bestehenden Rauschgiftermittlungsgruppe hinzukommen. Dann wären es sogar mehr Beamte, als jetzt.
Alles schön und gut, hört man dazu von Kripo-​Praktikern, die allerdings nicht namentlich zitiert werden wollen. Der KDD bringe aber bei weitem nicht das, was dem Raum Schwäbisch Gmünd bislang die KAST gebracht habe. Denn zum einen sei diese durch entsprechende Bereitschaftsregelungen ebenfalls rund um die Uhr einsetzbar.
Zum anderen ermittle sie ihre Fälle aber auch bis zum Ende fertig, was beim KDD nicht zum normalen Spektrum gehöre. Der sei vielmehr in erster Linie für alle „unaufschiebbaren Maßnahmen“ zuständig, die sich zum Beispiel im Zusammenhang mit unnatürlichen Todesfällen, Vergewaltigungen, Raubüberfällen oder Bränden ergäben. Und das eben nicht nur im Raum Schwäbisch Gmünd, sondern im gesamten Zuständigkeitsbereich der Kripo-​Direktion Waiblingen, also dem Ostalbkreis, dem Rems-​Murr-​Kreis und dem Landkreis Schwäbisch Hall.
Für die weiteren Ermittlungen nach einer Straftat wären dann im Gmünder Raum die Beamten der geplanten Kripo-​Kommissariate Waiblingen oder Aalen zuständig. Die könnten nach dem Inkrafttreten der Reform, dessen Zeitpunkt noch nicht feststeht, zu Beginn vielleicht noch von der Ortskenntnis und den vielen Informationen profitieren, die die dann dorthin versetzten Beamten der Kriminalaußenstelle Gmünd mitbrächten. Im Laufe der Zeit wird diese für den Dienst so positive Bindung an den Einsatzraum aber verlorengehen.
Mit diesem Problem setzt sich auch Oberbürgermeister Richard Arnold in zwei Briefen auseinander, die er ans zuständige Innenministerium und an den in Waiblingen zuständigen Beauftragten für die neue Struktur, Polizeidirektor Ralf Michelfelder, geschrieben hat. Die Strukturreform, so der OB, „bedeutet, dass die gute und hervorragende Ermittlungstätigkeit, welche wir mit der Kripo-​Außenstelle Schwäbisch Gmünd erleben durften, komplett wegfällt. Dies ist ein erheblicher Nachteil. Bei diesem Nachteil geht es nicht um das Selbstverständnis der Stadt Schwäbisch Gmünd oder gar um Statusfragen, sondern es ist ein Nachteil für die Bevölkerung. Beim Vorstellen der polizeilichen Kriminalstatistik für 2011 konnte nämlich eindrucksvoll herausgearbeitet werden, dass rund 70 Prozent der Täter aus der Raumschaft stammen und ca. 15 Prozent aus dem erweiterten Umfeld. Solche Täter und Täterstrukturen kann man nur ermitteln, wenn man vor Ort ist bzw. vor Ort die Szene auch kennt. Wer wird diese Ermittlungsarbeit künftig durchführen? Sicherlich nicht das Kriminalkommissariat Aalen mit ca. 30 Mitarbeitern. Kommen die Ermittler dann aus Waiblingen?“
Möglicherweise ärgert man sich nun, mit Innenminister Gall vereinbart zu haben, zunächst die Fachleute arbeiten zu lassen und keine politischen Aktionen zu unternehmen. Das will die Stadt nun schleunigst nachholen, teilt der Oberbürgermeister dem Polizeidirektor mit kaum verholenem Ärger mit. Ob es dazu nicht zu spät ist, muss sich herausstellen.
Wie sich auch herausstellen muss, ob die oben angestellte Berechnung der angeblichen zahlenmäßigen Stärkung der Kripo in Gmünd überhaupt stimmt. Bei der Polizeidirektion Aalen erklärte man sich gestern für entsprechende Fragen als nicht zuständig. Die Polizeidirektion Waiblingen bemühte sich zwar aufrichtig, konnte aber über das von der Planungsgruppe bereits Veröffentlichte hinaus keine genaueren Zahlen nennen.
Es sieht so aus, als ob die beiden Gmünder Landtagsabgeordneten – und besonders der der Regierungskoalition angehörende Klaus Maier – demnächst etwas für die Bevölkerung ihres Wahlkreises tun können.

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