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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Die 16-​jährige Naima Khan ging ein Jahr in den USA zur Schule

Hat sie nun ein Jahr verloren? Natürlich nicht. Naima Khan wird ihr Abitur zwar ein Jahr später in der Tasche haben, aber die in den USA verbrachte Zeit hat sie reifer werden lassen, gleichzeitig offener, neugierig auf die Welt und eben auch weltgewandter.

Dienstag, 07. August 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 56 Sekunden Lesedauer


SCHWÄBISCH GMÜND (bt). Die junge Gmünderin war sehr früh flügge – die Eltern Hamid und Marlis ermutigten sie, stärkten ihr den Rücken, sahen ihre Kleine freilich auch mit gemischten Gefühlen aus dem Nest flattern. Papa Hamid hatte in den USA studiert und promoviert – Naima war drei Jahre alt, als sie erstmals amerikanischen Boden betrat und auch später war sie mehrmals in den USA. Die Freude am Fremden hat sie schon als Kind kennen gelernt, ebenso die Faszination die von Universitäten wie Harvard oder MIT ausgeht. Mit 15 Jahren dann brach sie selbst für fast ein Jahr auf. Im August 2011 flog sie nach San Francisco, wo sie von ihrer Gastfamilie abgeholt wurde. Nach kurzem Aufenthalt in Santa Barbara ging es nach Riverside, Kalifornien, wo sich Naima sehr wohl fühlte. Die Gastfamilie war ein Glücksfall; die Gastschwester wurde zur Freundin, war mittlerweile auch zu Gast bei Familie Khan in Gmünd.
Die junge Deutsche hatte von Anfang an keine Probleme mit dem Englischen; auch an den kalifornischen Akzent gewöhnte sie sich; ihrer Gastmutter zufolge sprach sie wie eine Amerikanerin. Zur Schule ging sie in die private Notre Dame High School – die auch in Deutschland zu beobachtende Tendenz hin zu Privatschulen ist in den USA viel stärker ausgeprägt. Während das öffentliche Bildungssystem kränkelt, ist die Notre Dame ein Musterbeispiel dafür, was gezielte Förderung junger Menschen ausmacht.
So einiges fiel ihr auf: Die Menschen waren überall freundlich und hilfsbereit; das habe den Alltag sehr angenehm gemacht. Der ÖPNV bzw. die Vernetzung von Verkehrsmitteln sei nicht sehr gut – ohne Auto unterwegs zu sein, gestalte sich recht schwierig, auch sei es sehr ungewöhnlich, zu Fuß zu gehen. Auf Ernährung werde nicht viel Wert gelegt; die Gesellschaft sei mehr auf „fast food“ eingerichtet, erzählt Naima – die care-​Pakete mit vakuumverpacktem Brot aus Deutschland waren höchst willkommen. Gut gefiel ihr der Respekt und die Disziplin an ihrer Schule, der gute Umgang miteinander, wie selbstlos die Lehrenden Talent förderten und wie sehr sie auch ihre Schüler achteten. Naima ist mit einigen ihrer US-​Lehrern befreundet und auch über Facebook mit ihnen verbunden.
Sie fand viele Freundinnen in Amerika, und praktisch alle haben ihr Kommen angekündigt. Als Mitglied der Notre Dame-​Familie musste sie zudem keine Minute ungewollt alleine sein: Schüler in USA verbinden mit ihrer Schule viel mehr als nur das Lernen. Sie verbrachte viel Zeit im Fitnessstudio: Für anderes, etwa fürs Tennisspielen, war’s meistens zu warm. Mehrmals nahm die Gastfamilie sie mit nach Hollywood; in den Universalstudios wurde sie nicht nur ausgewählt, bei der Musiktalentshow X Factor in der ersten Reihe zu sitzen, sondern auch gefragt, ob sie nicht Interesse hätte, eine internationale Sportwerbung zu drehen: Sie sei die ideale Besetzung. Sehr schmeichelhaft. Aber nach Rücksprache mit dem Familienrat lehnte sie ab, auch mit Blick aufs Studentenvisum, das keine Erwerbstätigkeit vorsieht.
Schule in den Staaten, findet die junge Gmünderin, stellt nicht dieselben Ansprüche wie in Deutschland. Obwohl sie nicht Muttersprachlerin ist, absolvierte sie die 11. Klasse mit guten Noten und sicherte sich den höchsten zu vergebenden akademischen Preis, den die Schule zu vergeben hat; zur öffentlichen Verleihung dieser Auszeichnung war die gesamte Familie Khan eingeladen.
Vor allem aber begann sie in ihrem amerikanischen Jahr zu malen; ihre Begabung wurde erkannt und gezielt gefördert; wieder ein Grund, warum die Notre Dame High School sie gerne behalten hätte. Ihre Studien unterschiedlicher Gesichtsausdrücke und Bewegungen, ihre Farbexperimente, all das hat sie der kalifornischen Schule zu verdanken – und natürlich wird sie weiter an diesem Talent arbeiten. Grundsätzlich aber war sie froh, wieder heimzukommen – gerade gegen Ende ihres Auslandsaufenthaltes wurde sie immer wieder von Heimweh gepackt. Und auch ihrer Familie hat sie gefehlt. Die Eltern haben sie in den Staaten abgeholt und noch einen gemeinsam Urlaub möglich gemacht, um die neuen Freunde der Tochter kennen zu lernen.
Die frühere Parlerschülerin wird nach den Ferien im Schulzentrum auf dem Hardt mit dem Profil Gestaltungs– und Medientechnik (GMT) aufs Abitur hinarbeiten. Die Erfahrungen und Eindrücke der vergangenen Monate wird ihr niemand nehmen können.

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