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Windkraft: Eschach setzt auf Zeitgewinn

Rundweg ablehnen oder vertagen? Der Eschacher Gemeinderat entschied sich am Montag Abend einstimmig fürs Aufschieben des gemeindlichen Einvernehmens zu drei Windrädern im Gewann Büttenbuch. Man will erst im Dezember darüber entscheiden.

Montag, 18. November 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 50 Sekunden Lesedauer

ESCHACH (rw). „Bei jedem anderen Baugesuch würden wir zum Bauherrn sagen: zurück auf Los“, meinte Gemeinderat Marcus Krieg. Es fehlten noch viele Angaben im Bauantrag der Firma Wind. Diese Auffassung machte sich das Gremium zu eigen, ebenso den Vorschlag von Gemeinderat Stephan Gora, der Bürgermeister Jochen König empfahl, das Gespräch mit den Grundstücksbesitzern zu suchen, was bislang noch nicht geschehen ist: „Es ist doch keiner gezwungen, sein Grundstück herzugeben.“ Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Unterschriftenliste von 200 Bürgern, die dem Rathaus seit Mitte vergangener Woche vorliegt. Gefordert wird in der Liste die Nachtabschaltung der Striethof-​Anlagen und der Verzicht auf weitere Windräder auf Gemarkung Eschach. „Das ist nicht zu vernachlässigen und fließt in die Meinungsbildung ein“, so König.
Zuvor berichtete der Schultes von der nichtöffentlichen Sitzung der Gemeindevertreter von Eschach, Göggingen und Schechingen am letzten Mittwoch, zwischen denen Dissens über die Ausweisung von Vorranggebieten für Windkraft herrscht. Eschach beharrt auf dem Gebiet Glockenäcker, weil es für das Kriterium der Substanzialität entscheidend sei, „nur Striethof und Büttenbuch ist zu wenig für die Rechtssicherheit des Flächennutzungsplans“, so König. „Aber die Sitzung verlief ergebnislos. Der Regionalverband zauberte eine neue Karte aus dem Hut in Zusammenarbeit mit Schechingen.“
Göggingen und Schechingen machten nun den Vorschlag für Glockenäcker, einen Abstand von 750 Meter für das Einzelgehöft und Mulfingen auszuweisen statt 520 und 600 Meter. Laut TA Lärm seien aber 500 Meter als rechtskräftig anzusehen, „die Rechtskraft kann bei mehr Abstand nicht gegeben sein.“ Darüber, empfahl König, könne im Dezember entschieden werden: „Ob ein Flächennutzungsplan im Sinne Eschachs ist, der schon im Vorfeld gegen die TA Lärm verstößt.“ Die Gemeinde suche jetzt Rechtsbeistand bei der Kanzlei Dr. Bergmann (Stuttgart), diese brauche aber noch Zeit, das Thema aufzuarbeiten. Ein Ingenieurbüro soll zudem das Artenschutzgutachten überprüfen.
Die Bürgerinitiative Rubikone mache zurecht darauf aufmerksam, dass die Windgeschwindigkeit im Büttenbuch nicht ausreiche. Der Windenergie-​Erlasshabe eine klare Vorschrift: Gefördert werde ab 5,3 m/​s mit EEG-​Mitteln. Die Erste Landesbeamte Gabriele Seefried habe deshalb von der Firma Wind ein Windgutachten verlangt, vom Umweltministerium aber sei die Antwort gekommen, dass für die Büttenbuch-​Genehmigung die Angaben des Windenergie-​Atlas ausreichten – der aber sei nur eine grobe Schätzung. König: „Die Firma Wind muss kein Gutachten vorlegen, das Landratsamt wird ausgehebelt vom Umweltministerium, Ober sticht Unter. Das hat uns am Mittwoch am meisten schockiert.“
Außerdem ging der Bürgermeister auf die Vorwürfe ein, die von der Bürgerinitiative gegenüber dem Gemeinderat und damit auch gegenüber der Verwaltung gemacht würden (siehe Bericht in der RZ vom Samstag, 16. November, „Gemeinderäte sind überfordert“). Es sei schwer für Eschach, auf zwei Hochzeiten zu tanzen.
Die Gemeinde weise den Flächennutzungsplan zusammen mit fünf anderen Gemeinden aus, um an anderer Stelle die Ausschlusswirkung zu erreichen, „dazu stehen wir.“ Auf ihrer eigenen Gemarkung müsse die Gemeinde das Einvernehmen erteilen. „Die zwölf Gemeinderäte und der Bürgermeister sind gegen weitere Windkraftanlagen. Sie schützen aber Eschach vor Wildwuchs durch die Ausweisung von Büttenbuch. Sollten wir das nicht tun, dann haben wir keine Handhabe, um Windräder an anderer Stelle zu verhindern.“ Und der Abstand zur Bebauung sinke damit auch bis auf 500 Meter, „das wollen wir alle nicht.“
Über die Fragen von Naturschutz, Windhöffigkeit und Wirtschaftlichkeit entscheide nicht Eschach, „das ist Sache der Rechtsaufsichtsbehörde und von 14 Geschäftsbereichen des Landratsamts.“ Falsch sei auch der Vorwurf, dass das Interesse der WKA-​Betreiber über jenem der Bürger stehe, „hier sind wir aktiv geworden, um den größtmöglichen Abstand herauszuholen.“ Unrichtig sei der Vorwurf wegen der Getriebelautstärke, die Nordex-​Anlagen seien vielmehr die leisesten. Beim Thema Rückbau und Haftung der Grundstücksbesitzer verbreite Rubikone Panik, so König: „Das ist klar geregelt. Es muss eine Bürgschaft über 90 000 Euro beim Landratsamt hinterlegt werden.“
Im übrigen sei Eschach eine unter vielen Gemeinden in Ostwürttemberg, die Flächen für Windkraft ausweisen, „wir können uns drehen und wenden, wie wir wollen, wir kommen an der Planung nicht vorbei.“ Büttenbuch bleibe in jedem Fall im Regionalplan, „diese Kröte müssen wir schlucken.“ Aber vielleicht wird sie bis zur Dezembersitzung verdaulicher.

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