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In welche Richtung wird sich Böbingen baulich weiterentwickeln?

Böbingen ist als Wohnort so beliebt, dass neu erschlossene Bauplätze im Nu verkauft sind. Die Ausweisung eines Baugebiets an der Brackwanger Straße wird daher von einem Teil der Bürger gefordert – von anderen Bürgern aber per Unterschriftenliste abgelehnt.

Mittwoch, 20. November 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 50 Sekunden Lesedauer


Von Gerold Bauer
BÖBINGEN. „Wenn 127 Böbinger Bürger für ein gemeinsames Anliegen unterschreiben, dann nehme ich das sehr ernst!“, betonte Bürgermeister Jürgen Stempfle gestern in einem Pressegespräch. Am Montagabend hatte er die Unterschriftenliste – inklusive ausführlicher Begründung, warum die Gemeinde von einem Neubaugebiet „Bietwang-​Nord“ Abstand nehmen sollte – im Rahmen der Gemeinderatssitzung erhalten. Auch die Gemeinderäte Titze, Ziller und Bulling haben unterschrieben.
„Wir werden allen Punkten nachgehen, die in diesem Plädoyer der Bürger stehen“, sicherte der Schultes zu und machte deutlich, dass in diesem Zusammenhang auch Gemeinderatsbeschlüsse aus der Vergangenheit nochmals unter die Lupe genommen werden müssten. Die Gemeinde werde darüber hinaus die von Bürgern vorgetragenen Bedenken durch die dafür zuständigen Behörden beziehungsweise durch externe Fachleuten prüfen lassen. Er denke da zum Beispiel an den Rat von Naturschutzexperten oder an ein Gutachten, wie sich durch ein Baugebiet das Verkehrsaufkommen in der Schönhardter Straße verändern würde.
„Die Auswertung gehen wir dann absolut ergebnisoffen an, denn es geht bei dieser Angelegenheit auch um den Gemeindefrieden im Interesse aller!“ unterstrich Jürgen Stempfle und fügte hinzu, dass im Hinblick auf die Transparenz des Verfahrens eine Bürgerversammlung geplant sei. Diese werde voraussichtlich Ende Januar stattfinden — allerdings erst dann, wenn die Fakten auf dem Tisch liegen. „Wir gehen nicht mit unvollständigen Informationen in die Versammlung“, sagte Stempfle und fügte hinzu, dass er diese Veranstaltung nicht selbst leiten werde.
„Ich sorge zwar als Verwaltungsfachmann dafür, dass die Beschaffung der Informationen organisiert wird — aber bei allen Beratungen und Beschlüssen werde ich mich wegen Befangenheit heraushalten“, erklärte der Bürgermeister. Denn sein Schwiegervater besitzt im Gebiet „Bietwang-​Nord“ ein Grundstück. Auch wenn dies vielleicht streng juristisch kein Befangenheitsgrund ist, will sich der Schultes in dieser Sache nichts nachsagen lassen. „Es hätte auf alle Fälle, auf gut schwäbisch gesagt, ein Gschmäckle!“
Einer der ersten Schritte wird nun ein Besprechungstermin mit Stefan Kalmus vom Mutlanger Ingenieurbüro LKP sein, an dem auch Martin Ruoß als Vertreter der Bürgerinitiative sowie August Freudenreich als einer der drei stellvertretenden Bürgermeister teilnehmen wird. Und Freudenreich werde dann die Leitung der Bürgerversammlung übernehmen.
In einem ganzseitigen Schreiben, dem die 127 Unterschriften beigeheftet sind, erinnerten die Bürger daran, dass der Gemeinderat eine in Erwägung gezogene Erschließung von Wohnbauflächen im Gebiet „Bietwang-​Nord“ im September nicht ohne Grund zunächst ad acta gelegt und stattdessen die Ausweisung von Bauplätzen in der Adlergasse in den Fokus gerückt habe. Das Gebiet „Bietwang-​Nord“ sei nur über die Schönhardter Straße zu erreichen; der Zustand dieser Straße sei schon jetzt bedenklich, und die vielen Autos dort seien häufig zu schnell. Durch ein Neubaugebiet im Nordosten der bestehenden Wohngebiet würde diese Situation deutlich verschärft, da wichtige Infrastruktur-​Einrichtungen wie Kindergarten, Schule, Kirchen, Sporthalle usw. aufgrund der Entfernungen von dort in den allermeisten Fällen mit dem Auto angesteuert würden.
Ins Feld geführt wurde auch das Argument, dass der schon in den 70er-​Jahren verlegte Kanal in der Schönhardter Straße ursprünglich nicht für große zusätzliche Siedlungsflächen ausgelegt worden sei. Es sei daher zu befürchten, dass ein neues Baugebiet dort zur gleichen Situation führen werde, wie sie schon jetzt im Bereich „Schelmen“ bestehe. Schon bei mittelschweren Sommergewittern laufen laut Aussage der Bürger im „Schelmen“ nämlich „reihenweise Keller voll“.
Argumentiert wird als Drittes mit dem Schutz der Natur. Das Gebiet „Bietwang-​Nord“ bestehe aus vielen Streuobstflächen, die seit Jahrzehnten nicht gedüngt gedüngt worden seien. „Das daraus resultierende ökologisch wertvolle Gebiet, in dem viele seltene tierische und pflanzliche Bewohner zu Hause sind, sollte erhalten bleiben“, heißt es wörtlich im Schreiben der 127 Böbinger Bürgerinnen und Bürger.
Der Blick wird in dem von Bürgern verfassten Text zudem auf das „Gemeindebild“ gerichtet — mit einem sehr kleinen Zentrum und ausufernder Bebauung an der Peripherie. Anstatt den Dorfkern zu stärken und das Zusammenwachsen von Ober– und Unterböbingen zu fördern, werde durch ein Baugebiet „Bietwang-​Nord“ das genaue Gegenteil bewirkt. Alternativ wurde deshalb von Bürgerseite die Erschließung von Bauplätzen am Nordhang in Richtung Beiswang beziehungsweise am Südhang beim Bahnhof vorgeschlagen. Diese Gebiete seien verkehrstechnisch besser anzubinden.

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