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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Zur Pflege der Wacholderheide: 15 Hektar großes Ziegengehege hoch über Degenfeld

Ziegen ersetzen am Eierberg hoch über Degenfeld künftig den motorisierten Freischneider – zumindest teilweise. Mit diesem Landschaftserhaltungsprojekt wird eine Ausgleichsmaßnahme für den Sportplatz in Rechberg umgesetzt.

Dienstag, 25. Juni 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 52 Sekunden Lesedauer


Von Gerold Bauer
GMÜND-​DEGENFELD. „Der Steilhang hat hier ein Gefälle von 65 Prozent — dies sind Verhältnisse, wie man sie sonst nur in den Alpen antrifft“, machte Ralf Worm, Geschäftsführer des Landschaftserhaltungsverbands Ostalb (LEV), deutlich, warum die Pflegemaßnahmen auf der Sonnenseite des Eierbergs so mühsam sind. Künftig soll dieser „Job“ von einer Ziegenherde erledigt werden, die dort auf naturnahe Art ganzjährig lebt und als Winterquartier, sprich als trockenes Bett, noch einen Außenklimastall bekommt.
Zunächst sei dieses Projekt im Stadtteil Degenfeld keineswegs nur mit Begeisterung, sondern teils auch mit großer Skepsis aufgenommen worden, räumte Worm ein. Der Jagdpächter zum Beispiel hatte Bedenken, dass die Umzäunung des Ziegenbereichs das Wild fernhält; andere machten sich Sorgen, dass durch die Beweidung ein Erosionsproblem verursacht werden könnte. „Wir sind daher froh, dass dieses Projekt nun einen guten Abschluss gefunden hat“, so Worm.
Diese Meinung vertraten gestern bei der Präsentation auch die Degenfelder Ortsvorsteherin Angelika Wesner und Dieter Popp vom Liegenschaftsamt der Stadt Gmünd. Weil im Stadtteil Rechberg keine geeignete Fläche zur Verfügung stand, um eine Ausgleichsfläche für den Bebauungsplan Sportplatz zu realisieren, sei man auf die Idee gekommen, auf der Wacholderheide in Degenfeld auf einem städtischen Grundstück ein Ziegengehege zu errichten, sagte Popp – eine Premiere in Gmünd. Dies sei allerdings mit sehr viel Arbeit verbunden gewesen — einerseits mit körperlicher Arbeit, weil das Gelände nur bedingt anfahrbar ist. Teilweise aber auch aufgrund der notwendigen Abstimmung mit den Grundstücksnachbarn sowie anderen Betroffenen. Der Landschaftserhaltungsverband sei dabei stets sehr bemüht gewesen, für alle Beteiligten einen guten Kompromiss zu finden. Unter anderem wurde die zunächst geplante Projekt-​Fläche von 20 auf 15 Hektar reduziert.
Ralf Worm erinnerte daran, dass die Wacholderheide schon seit langer Zeit unter Naturschutz steht und mittlerweile auch, unter Siegel „Natura 2000“, den Schutz durch die Europäische Union“ genießt. „Allein der Status eines Schutzgebiets schützt die Wacholderheide allerdings nicht davor, dass sie im Lauf der Zeit zu Wald wird!“ Denn diese Vegetationsform ist — auch wenn sie unter Naturschutz steht — in Wahrheit keine Natur– sondern eine Kulturlandschaft, die erst durch die Nutzung als Weide für Schafe und Ziege über Generationen entstanden ist. Nachdem die Haltung dieser Tiere immer mehr zurück ging, musste der Mensch mit der Sense eingreifen, um dort den für die Hänge der Ostalb so typischen Heidecharakter zu erhalten.
Wie anstrengend die Arbeit im Steilhang ist, zeigte sich nicht nur bei den regelmäßigen Mäharbeiten durch den Maschinenring, sondern nun auch beim Bau des Zaunes. Zaunbauer Manfred Läpple sowie das Landschaftsgärtner-​Paar Marion Riek/​Michael Romanczyc konnten gestern ein Lied davon singen, mit welcher Mühe die Pfähle in den Boden getrieben und die Drähte gespannt wurden. Zwar konnte ein Teil der Zaunpfähle maschinell in den Boden gerammt werden, aber dort, wo keine Fahrzeuge hinkommen, musste das meiste von Hand erledigt werden. Selbst das mit einem Benzinmotor angetriebene Bohrgerät kam nicht tief genug. Stellenweise war dem steinigen Untergrund nur mit der Brechstange beizukommen; und auch der Materialtransport wurde im Steilhang zu einer Herausforderung. Drei Meter Zaun pro Tag — mehr war im Durchschnitt unter diesen Bedingungen nicht zu schaffen.
Dank der rund 50 Ziegen — der Bestand durch eigene Nachzucht noch erhöht — hofft man, dass die jährlichen Kosten für den Pflegeaufwand von bisher 10 000 Euro etwas reduziert werden können. Denn diese Tiere fressen zufällig für ihr Leben gern genau jenes Buschwerk, dass man in der Wacholderheide nicht haben möchte — zum Beispiel den Hartriegel.
Für den Einsatz der „vierbeinigen Landschaftsgärtner“ zeichnen die beiden Schäfermeister Karin und Walter Kirschbaum vom Bartholomäer Kitzinghof verantwortlich. Dabei war die Beschaffung einer so großen Herde gar nicht so einfach, wie Karin Kirschbaum betonte. „Ich wollte robuste Tiere aus möglichst dem gleichen Bestand, aber die meistern Ziegenhalter haben gar nicht so viele Tiere.“ Die Wahl fiel aufgrund der Robustheit auf die „Bunte Deutsche Edelziege“.
Die Schäfermeisterin und nun auch Ziegenhalterin ist sich bewusst, welche wichtige Aufgabe sie am Eierberg erfüllt. „Auf diesen 15 Hektar leben rund 365 verschiedene Tier– und Pflanzenarten, die laut roter Liste vom Aussterben bedroht sind. Hier wachsen sogar Pflanzen, die es sonst nirgendwo auf der Welt gibt!“

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