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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Gefährdet: Sepp Baumhauers Spital-​Relief

Die Frau ist eine Schlampe, steht da, ihre Mutter auch; im weiteren Text werden die beiden Damen noch ganz anders genannt. Fast ist es gut, dass diese und andere Schmierereien auf den Sgraffito Zeichnungen Sepp Baumhauers im Hof des Spitalgebäudes hinter all dem Müll zu verschwinden drohen.

Donnerstag, 29. August 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 35 Sekunden Lesedauer

Von Birgit Trinkle

SCHWÄBISCH GMÜND. Monika Baumhauer kann’s nicht sehen. Seit Jahren schon nicht, und sie ist nicht allein. Sepp Baumhauers Sgraffiti im Spitalinnenhof – eines seiner frühen Werke – haben schon allerhand hinter sich. Fast zwei Drittel fielen in den 70-​ern dem Umbau zum Opfer, der verbliebene Rest im alten Laubengang ist mittlerweile zwar hinter Gittern geschützt, aber noch immer von Containerboxen, Müll, Rädern und allem anderen zugestellt, was gemeinhin in so einem Ersatz-​Lager Platz findet. Zu seinen Lebzeiten bereits war bekannt, dass Sepp Baumhauer ganz und gar nicht damit einverstanden war, wie mit seiner Arbeit umgegangen wurde. Nach seinem Tod 2011 verstärkten Freunde und Angehörige ihre Bemühungen, dem Werk die Bedeutung zu geben, die ihm zukommt.
Bis vor einigen Jahrzehnten war das Gelände um Gmünds letzte innerstädtische Mühle ein Krankenhaus; danach hat die Hospitalstiftung zum Heiligen Geist, gemäß ihrer 700 Jahre alten Tradition des Dienstes am Menschen beschlossen, eine Altenbegegnungsstätte einzurichten. Mit der funktionellen Veränderung eines Gebäudes geraten dessen Ursprünge oftmals in Vergessenheit. Nachdem aber das Spitalareal noch immer seine ursprüngliche Bestimmung hat, sind Baumhauers großformatige Szenen zum Thema „einander helfen“ passend wie eh und je. Was da in den Putz geritzt ist — Sgraffito geht auf das italienische Wort sgraffiare zurück, kratzen — erzählt auf unterschiedliche Weise davon, andere zu stützen, für Kranke da zu sein, und das in uralten Motiven, auch mit christlichen Anklängen, wenn es etwa um Samariter geht. Vor allem ist das Relief eine seltene Verbindung von sakraler und weltlicher Kunst.
Sepp Baumhauers Arbeiten sind nicht nur in seiner Heimatstadt Gmünd geschätzt – sie finden sich in den Straßdorfer „Wegen zur Kunst“, an der Familiengruppe im Innenhof des Arenhauses, am Stadtgarten-​Brunnen, am Hussenhofer Brunnen, aber eben auch in vielen Kirchen. Am Spital selbst hat er die Kapelle gestaltet. Künstler leben damit, dass ihre Arbeit verloren geht; dieses Sgraffito ist freilich noch immer am richtigen Ort. Wie damit umgegangen wird, gereicht der Stadt sicher nicht zur Ehre. Zwar wurde einiges entrümpelt, angemessen präsentiert ist es aber noch lange nicht.

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