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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

White Chocolate: Trommelworkshop in der Gemeinschaftsunterkunft auf dem Hardt /​Enge Verbindungen zur Kirchengemeinde St. Franziskus

Die Mitglieder der Trommelgruppe „White-​Chocolate“ haben sich wieder zu einem halbtägigen Trommelworkshop getroffen – dabei geht es um Musik, aber auch um Dinge, die Menschen verbinden.

Donnerstag, 29. August 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer


SCHWÄBISCH GMÜND (rz). Männer, Frauen, Muslime, Christen, Behinderte und Nicht-​Behinderte, Deutsche, Migranten und Flüchtlinge bilden eine gemischte Trommelgruppe, die sich regelmäßig zu Proben in der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge auf dem Hardt in Schwäbisch Gmünd trifft: „Wir sind im wahrsten Sinne des Wortes aufeinander zugewandert und füllen „das gute Miteinander von Einheimischen und Zugewanderten“ mit Leben, erklärt Ursula Haas, St. Franziskus, für die Gruppe.
Nachdem die Instrumente aufgebaut waren, erhielten die deutschen Mitglieder der Gruppe intensiven Unterricht in einem Rhythmus, der mehr und mehr ihr eigener wird. Unter der musikalischen Leitung von Amir Hushang Khosrownia und Omar Darboe wurden danach zusammen mit allen anwesenden Trommlern neue Stücke einstudiert. Wie immer, wenn die Trommeln in der Gemeinschaftsunterkunft ertönen, waren auch einige Bewohner und vor allem Kinder als Zuhörer im Schulungsraum. Am Nachmittag gab’s Kaffee und Kuchen für alle, und nach einer weiteren Übungseinheit ging es gegen 18 Uhr in den Garten zum geplanten Picknick. Dabei störte auch der Regen nicht: Gemeinsam mit Freunden wurde am überdachten Grillplatz gebraten und die mitgebrachten Salate gegessen. Die Gäste sprachen von einem schönen Nachmittag in froher Gemeinschaft.
Kleiner Rückblick auf die
Entstehungsgeschichte
Die ursprüngliche Trommelgruppe ACUA (African Cultur Unite d’Association) wurde im Januar 2007 auf Anregung der Leiterin der Gemeinschaftsunterkunft, Marcela Bolsinger, gegründet. Ziel war es, einer breiten Öffentlichkeit zu zeigen, dass Flüchtlinge über Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügen und gewillt sind, sich zu integrieren und auf die einheimische Bevölkerung zuzugehen. Durch die regelmäßigen Auftritte beim Interkulturellen Hardtfest, beim Stadtfest und in Gottesdiensten kam es zu Kontakten mit der Außenwelt und insbesondere mit der Katholischen Seelsorgeeinheit Schwäbisch Gmünd-​Mitte, und bald gab es erste Treffen zum gemeinsamen Trommeln in der Gemeinschaftsunterkunft. Beim Hardtfest 2011 saßen dann drei gambische und drei deutsche Trommler auf der Bühne.
Im Sommer desselben Jahres lud die Kirchengemeinde St. Franziskus zum misereor-​Coffee-​Stop ein, Die Gruppe ACUA trommelte, dass es eine Freude war und viele Passanten auf die Aktion aufmerksam gemacht wurden. Es blieb nicht bei den monatlichen Trommeltreffs und dem Auftritt beim Hardtfest, so wurde für die afrikanischen Trommler ein Adventsessen mit Trommeln organisiert; „Ein kleiner Dank dafür, dass die drei Männer uns Anleitung zum Djembe-​Spiel geben und uns so freundlich aufgenommen haben.“
Da sich die Besetzung seit der Gründungszeit der Trommelgruppe nun stark geändert hatte, wurde im Mai 2012 ein neuer Name für die Gruppe gesucht. Von nun an nannte man sich die White-​Chocolate-​Group (aus black&white Chocolate). Zu diesem Zeitpunkt waren fünf Trommler aus der Gemeinschaftsunterkunft und sechs weiße Mitspieler dabei. Bereits 2012 gab esdann ein Dutzend größere und kleinere Auftritte.
Babu Sohna aus der Gruppe hat immer wieder auch Leute aus der Gemeinschaftsunterkunft angesprochen. Die meisten der Trommler sind Muslime und dürfen während des Ramadan keine Musik machen – als in dieser Zeit ganz zwanglos im Garten der Gemeinschaftsunterkunft musiziert wurde, fand die Gruppe ihren iranischen Schlagzeuger, der neue Impulse und Stabilität mitgebracht hat. Ende September 2012 machte Charles Enoruwa beim Blümlesfest am Tag des Flüchtlings auf die Lebenssituation in der Gemeinschaftsunterkunft aufmerksam und rief im Anschluss daran zur Demonstration auf. Die Demo setzte sich auf dem Marktplatz vor dem Rathaus noch einige Tage fort (die RZ berichtete). Die Gruppe sah diese Entwicklung besorgt, erinnert sich Ursel Haas, blieb aber immer im Gespräch: „So konnten wir auch in unserem Umfeld über die Anliegen aufklären und fanden Verständnis.“
Immer öfter gibt es nun offizielle Auftritte etwa beim „Verschnaufnachmittag“ für pflegende Angehörige. Beim Tag der Kulturen fragten zwei Jugendliche, ob sie mittrommeln dürften – ein türkischer Darabuka-​Spieler und ein italienischer Schlagzeuger. Auf eine Anzeige im Kirchenblatt hat sich eine weitere Mitspielerin zur Gruppe gesellt. In St. Michael wurde eine Adventsfeier mit Buffet und gemeinsamem Trommeln gefeiert, wobei auch die Feier der griechischen Gemeinde besucht und dort mitgetanzt wurde – eine schweißtreibende, fröhliche und sicher ebenfalls verbindende Sache. Als die a.l.s.o. die „Charta der Vielfalt“ unterzeichnete, wurde dies von der Trommlergruppe umrahmt, die zudem auch immer wieder bei Gottesdiensten spielt, etwa beim Ökumenischen Weltgebetstag der Frauen. Eine Band formierte sich dann, die beim Firmgottesdienst auftrat: Bereits die Probe mit den anderen Firmlingen und Jugendlichen kam so gut an, dass später gemeinsam Musik gemacht wurde.
Nicht nur Marcela Bolsinger erlebt die Beteiligung deutscher Mitspieler als immense Bereicherung; sie brächten, so ist zu hören, Herzblut und Schwung sowie Zielgerichtetheit und Struktur mit. Diese Entwicklung nahm Bolsinger zum Anlass, die Begleitung und Betreuung der Gruppe abzugeben und in die Hände von Ursel Haas und Babu Sohna zu legen.
In der Gruppe wächst der Wunsch, immer besser zu werden, um auch größere Auftritte gestalten zu können – bisher gibt es immer nur zwei bis drei Songs. Inzwischen fanden sich auch Sänger und Tänzer, und man sieht sich auf einem guten, gemeinsamen Weg. Wichtig sei allen Beteiligten immer wieder der achtsame und respektvolle Umgang miteinander und die Hoffnung auf Interesse und Verständnis für alle Menschen, die ihre Heimat und Familien verlassen haben. Ursel Haas meint, diesen Weg gehe s“ehr wahrscheinlich niemand ohne große Not, oder den starken Wunsch, den Zurückgebliebenen helfen zu können“: „Ein Traum von Frieden, hier im Kleinen und weltweit, Linderung der Not für die Menschen nicht durch Almosen sondern faire Bedingungen; unsere White Chocolate Group hat sich auf den Weg gemacht, mit dem Ziel einen Beitrag zu leisten für ein gutes und entspanntes Miteinander.“

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