Direkt zum Inhalt springen

Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Gmünder Frauenforum: Neujahrsempfang im Prediger

Ein wortreiches Unterfangen, dieser 16. Neujahrsempfang für Frauen des Schwäbisch Gmünder Frauenforums im vollen Festsaal des Kulturzentrums Prediger. Gedanken und Zitate dieser Veranstaltung würden ausreichen, den restlichen 345 Tagen des Jahres 2014 einen Impuls zu geben.

Sonntag, 19. Januar 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

Zu Beginn erklang jedoch erst mal Tim Bendzko mit seinem bekannten Text, dass er nur mal kurz noch die Welt retten müsse. Die anschließenden Beiträge bewiesen, dass Frauen das schon lange und auf ganz vielfältige Weise tun, und zwar ausdrücklich bevor sie ihre Mails beantworten. Als Mütter, in den Familien oder im Ehrenamt. Einfach so.
Wilhelm Buschs (1832 – 1908) Gedanken zum Ehrenamt, vorgetragen von den Lyrikaden, stellten dieses als Glücksbringer gleich mal ironisch in Frage. („Willst du froh und glücklich leben, lass kein Ehrenamt dir geben…“) Frauenbeauftragte Elke Heer hielt jedoch in ihrem Beitrag kräftig und überzeugt dagegen. Bei ihrer 20-​jährigen Arbeit habe sie sehr viel „frauenpolitisches Feuer“, erleben dürfen, „brandgefährlich“ und „ansteckend“. Und sie sei dankbar für die viele „geschenkte Zeit“, die sie im Sinne der Theologin Ina Prätorius nie mit „unentgeltlicher“ Zeit verwechselt habe, was irreführend im Bereich der Kosten angesiedelt sei. Für Frauen müsse Arbeit Sinn machen. Sie wollten mitdenken und Verantwortung übernehmen, was sie mit Zitaten von Hedwig Dohm, Hannah Arendt und Simone de Beauvoir noch eindrücklich unterstrich. „Vertrauen Sie in ihr ganz persönliches Feuer“, gab sie den Frauen mit auf den Weg.
OB Richard Arnold war mit passender lila Krawatte der einzige männliche Gast. Er schien sich wohl zu fühlen inmitten dieser lebendigen Frauenkultur Gmünds. „Der Kopf steht euch im Weg“ ermahne er oft seine Männerrunden, wobei die Unterschiede zwischen den Geschlechter, rationales Denken und intuitives Handeln, eigentlich gar keinen Unterschied machen sollten. Er erinnerte an die eben als Sportpionierin gegehrte Christina Hofmann im Bereich des Frauenfußballs und an die Degenfelder Skispringerin Carina Vogt und stellte im Sinne Goethes gemeinsames Arbeiten in den Vordergrund. „Was Frauen nützt, nützt allen“, so der OB. Robert Gernhardt („Viel und Leicht“), John Lennon („Träumen wir gemeinsam…“) und Ingeborg Bachmann inspirierten seine Vision für dieses wichtige Jahr: „Brennen mit Ernst und Spaß haben dabei!“ Im Folgenden stellten fünf Frauen ihre persönlichen Gedanken zu Ehrenamt und zu ihrer Motivation vor. Klar strukturiert erzählte Christa Rösch ihren Weg von der Elternvertreterarbeit in Kindergarten und Schule bis zu ihren heutigen vielseitigen Ämtern in unserem Gemeinwesen. Soziale Verantwortung sei ihr innerer Motor gewesen unter dem Motto von Oliver Hassencamp, Autor und Kabarettist: „Tun Sie etwas, womit Sie gar nichts verdienen. Es zahlt sich aus.“
Karin Stroh erzählte sehr pointiert von ihrem sozialen Engagement von Kindheit an, von der Erziehungszeit ihrer vier Kinder und weitere Tagespflegekinder. Die Pflege von Angehörigen schloss sich an und dennoch habe sie damit beim Wiedereinstieg in den Beruf nach all diesen Jahren offiziell „keine Arbeit geleistet“ .Bitter mache sie das nicht. Das Miteinander sei wichtig, alles andere bleibe sinnlos. Colette Eisenhuth aus Belgien berichtete humorvoll von ihren deutschen Erfahrungen mit dem Ehrenamt. Als sie schließlich begriff, dass das für sie selbstverständliches Mitarbeiten in der Kirchengemeinde ein „Amt“ sei, sehr ernst und mit Versicherungspflicht, bekam dieses „kleine, flatternde Flügel, als ob es sich erheben würde!“ Dies machte die ganze Sache fast ein bisschen unheimlich für sie. Heute seien ihr die Bezeichnungen nicht mehr so wichtig. Sie mache allein das, was Sinn für sie mache, gespannt und offen.
Kunsthistorikerin Gabriele Scheeff zeigt an zwei Persönlichkeiten aus dem Mittelalter, Theofania aus Byzanz und Eleonore von Aquitanien, was Frauen schon immer in Führungspositionen zu leisten vermocht hatten. Auch heute noch gebe es diesbezüglich bestehende Zweifel. Sie gelte es zu überwinden. Karriere mit Familienvereinbarkeit und angemessenen Bezahlung müssten Ziele sein, wofür es sich zu kämpfen lohne, gerade in Baden-​Württemberg.
Annabella Akcak berichtete von ihren türkischen Eltern, die selbstverständlich im damaligen Ausländerverein mitarbeiteten, von Mutlanger Demos und Kontakten zur Pressehütte, aber auch davon, dass man sich Ehrenamt „leisten können muss“. Wo Kultur umsonst sein soll und es nur für „Deko“ Geld gebe, mahnte sie, das Ehrenamt nicht zu missbrauchen. Stattdessen forderte sie den „mutigen Mutbürger“ statt des wütenden Wutbürgers und Demut im Sinne Dag Hammerskjölds: „Wir haben die Verantwortung für unser Versagen und nicht die Ehre für unsere Leistung…“
Elke Herr bedankte sich herzlichst bei allen Beteiligten für das vielseitige Programm. Die Spenden seien zur Hälfte dem Verein „Frauen helfen Frauen“ und dem Frauenforum im 30. Jubiläumsjahr zuggedacht. Nach weiteren Informationen zu den kommenden Veranstaltungen gab es im Foyer die Gelegenheit, auf all das Gehörte erst einmal kräftig anzustoßen und Selbstgebackenes zu genießen.

14 Tage kostenlos und unverbindlich testen?
Das RZ-Probeabo - digital oder klassisch mit Trägerzustellung

2183 Aufrufe
735 Wörter
3765 Tage 22 Stunden Online

Beitrag teilen

Hinweis: Dieser Artikel wurde vor 3765 Tagen veröffentlicht.


QR-Code
remszeitung.de/2014/1/19/gmuender-frauenforum-neujahrsempfang-im-prediger/