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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Wenn Gefühltes sichtbar wird: PPR – Performance Projekt Rauchbeinschule

Videos zeigen, dass viel mehr passiert ist mit der Produktionshalle der früheren Brillenfabrik Menrad als Aufräumen, Ausputzen und Installieren von Kunst: Die Rauchbeinschüler haben diesen Raum für einige Tage in Besitz genommen und dabei einiges in Bewegung gesetzt. Deutlich wurde dabei auch: Starke innerstädtische Schulen sind unverzichtbar

Donnerstag, 05. Juni 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 46 Sekunden Lesedauer

Von Birgit Trinkle
SCHWÄBISCH GMÜND. Farbe tröpfelt, Worte und Klänge purzeln, „Mut“ steht an der Wand, und an der Regenschirm-​Skulptur „Gießela“ werden Geschichten gesammelt. Kunst gehört zum Leben. Selten wird das so deutlich wie im einst von der Brillenfabrik Menrad und der ASS-​Etikettenfabrik genutzten Backsteingebäude an der Königsturmstraße.
OB Arnold und Sandra Böhringer vom Stadtplanungs– und Baurechtsamt hatten sich lange vor der Gartenschau an die benachbarte Rauchbeinschule gewandt, und um Unterstützung beim „Herrichten“ des völlig verwilderten Grundstücks gebeten. Sie freuten sich alsbald an ein paar „wilden Schaffern“ aus der Zehnten mit Lehrer Jörg Luigart, die sich mit Feuereifer ans Werk machten. Als Dank durfte die Schule das alte Gebäude der Familie Betz für ein Kunstprojekt nutzen und freute sich ihrerseits an gutem Miteinander mit der Stadt etwa in Sachen Elektrizität und Brandschutz.
Und so sang gestern Petla, Ausnahmetalent aus der 8.Klasse; Stefanie und Juliette stellten das Performance-​Projekt vor, das die Schüler mit den Künstlerinnen Andrea Wendel, Lisa Laber und Noemie Buxmann erarbeitet hatten.
Die Kulturstiftung des Bundes fördert außerschulische Kunstprojekte mit dem Ziel, in der Kooperation mit lokalen Künstlern kulturelle Bildung in die Schulen zu bringen, sie dort zu verstärken und zum Element der Schulentwicklung zu machen. Zum Projekt gestern Abend – an neun Nachmittagen erarbeitet – trugen Klaus Ripper und die Kunstschaffenden der PH bei. Alkie Osterland wurde für ein Glaskunstprojekt zu Biografie gewonnen, das am 2. Juli im Rathaus präsentiert wird, dann gibt es noch ein Radioprojekt der Sechstklässler, zu dem unter anderem Pat Mueller beiträgt. Diethelm Wonner, Kulturagent im Baden-​Württembergischen Schulnetzwerk sprach gestern Abend ebenso über diese Ansätze wie Klaus Arnholdt vom Amt für Bildung und Sport als Vertreter der Stadt.
Kulturförderung als Teil
der Persönlichkeitsbildung
Die Schulleitung, Klaus Dengler und Ulrike Müller, zeigte sich schlicht begeistert vom so großräumig und so durchdacht Entstandenen. Dengler wird nicht müde, die Bedeutung starker Innenstadtschulen für Gmünd zu betonen. In der Innenstadt lebten viele Kinder; es gebe steigende Schülerzahlen in Klösterle– und Rauchbeinschule. Von „sozioökonomischen Defiziten“ ist dann die Rede. Davon dass, erklärte Dengler im Gespräch mit der RZ, nicht wenige dieser Innenstadtbewohner „ihren Kindern nicht die Bildungschancen bieten können, die in der durchschnittlichen deutschen Familien als normal gelten“. Diese Kinder haben von klein auf schlechtere Startchancen und brauchen entsprechend bereits im Kindergarten mehr Unterstützung etwa durch Sprachförderung. Erhöhter Betreuungsbedarf dann in den Schulen steht für Möglichkeiten, mehr zu lernen, für mehr soziale Kontakte und strukturierten Alltag. Dengler: „Was wir bieten, ist Geborgenheit und Verlässlichkeit, die die Kinder manchmal nicht so erfahren in der Familie.“ Es gibt viele zusätzliche Unterstützungsmöglichkeiten, die die Kinder dringend brauchten bis hin zu Berufsorientierung, dem Lernen allgemein, Lernzeit, sich soziale und personale Kompetenzen aneignen wie Ehrgeiz, Disziplin, Zuverlässigkeit. Kulturelle Förderung sei Teil der Persönlichkeitsbildung, unverzichtbar für jeden Menschen und gehe übers schiere schulische Leben weit hinaus. Die ganzheitliche Betrachtung des Menschen wirke sich auch auf andere Lebensbereiche aus – kreatives Denken, Ausdrucksfähigkeiten, Toleranz und Ausdauer im Leben könnten die Kinder weiterbringen, dafür sorgen, dass sie sich auf immer neue Situationen einlassen können: „Da gibt es mehr als Mathe.“
Dieses Mehr nahm an neun Nachmittagen in der Königsturmstraße 28 (Eingang Gemeindehausstraße) Gestalt an. Das Kunstprojekt „Inside out – Gefühltes wird sichtbar, Ereignisse werden spürbar“, wird von Andrea Wendel mit Studien begründet, die einen deutlichen Zusammenhang zeigen zwischen ästhetischer-​künstlerischer Bildung und der Ausdrucks– und Wahrnehmungsmöglichkeit der Schüler. Die jungen Leute mit dem PPR auf dem T-​Shirt, Performance-​Projekt Rauchbeinschule, sollten vor allem „Impulse zur aktiven Verarbeitung der Welt“ erhalten, was dem Wissenszuwachs und der Identitätsbildung diene. Mit allen Sinnen wurden in offenen künstlerischen Prozessen die Teilmodule „Körper-​Hülle-​Raum“, „Klang-​Wort-​Bewegung“ und „Farbe-​Fragment-​Spur“ aufgegriffen. Andrea Wendel spricht von hervorragenden Chancen für die „Selbst– und die Sozialkompetenz der Schüler“. Der Farbtropfenversuch, das Wort „Mut“ an der Wand – das bedeutet was.

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