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Der Sport verdient mehr Aufmerksamkeit

Der Olympiasieger und deutsche Rekordhalter im Weitsprung ist Stadtsportlehrer in Schwäbisch Gmünd, eine Institution, wie es sie in dieser Professionalität kein weiteres Mal in Deutschland gibt. Seit dem 1. November 1992 ist Lutz Dombrowski im Amt und ist damit der Nachfolger von Udo Seip. Von Stefan Köpf

Dienstag, 12. Mai 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
4 Minuten Lesedauer

Lutz Dombrowski begann sein Studium 1987 an der Hochschule für Deutsche Körperkultur in Leipzig und beendete dieses vier Jahre später an der Universität Leipzig, da die Sportfakultät nach der Wiedervereinigung der Universität einverleibt wurde, als Diplomsportlehrer. Nach seinem Abschluss wurde er schon in Chemnitz als Trainer tätig. Er hatte nicht nur Spitzen-​Leichtathleten unter sich, sondern leitete auch Sportstunden von Schülern. Diese Kombination und die Freude mit Sportlern zusammen zu arbeiten ist es, die dem gebürtigen Zwickauer den Spaß an seiner Funktion gibt und die ihn auch schlussendlich nach Schwäbisch Gmünd brachte. „Ich hatte mich einfach für diese Stelle beworben, weil mich eine solche Herausforderung sehr gereizt hat“, erklärt Dombrowski. Zur damaligen Zeit in den Westen zu kommen, war für ihn kein großes Problem, da er als ehemaliger Spitzensportler so viel in der Welt herumgereist war und eine Integration innerhalb des Sports noch einfacher verläuft. Dass sich Lutz Dombrowski hier so wohl fühlt, liegt auch an dem ehemaligen Vorsitzenden der LG Staufen, Uwe O. Schmid, und dem Begründer der LG Staufen, Walter Lenz. „Diesen beiden habe ich sehr viel zu verdanken, da sie mich sehr gut unterstützt haben“, so Dombrowski. Doch auch um ein paar Verständigungsschwierigkeiten kam man nicht herum: „Das lag wohl am Dialekt“, scherzt der gut gelaunte Dombrowski. In seinen Aufgabenbereich gehört nicht nur die Kooperation an Schulen, sondern auch die Leitung des Projekts „Kinder-​Sport-​Spaß“, wodurch den jungen Kindern 35 zusätzliche Sportstunden kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Überall ist zu lesen, dass die Kinder zu wenig Bewegung haben und immer mehr an Übergewicht leiden.
Auf diese Tatsache angesprochen reagiert Lutz Dombrowski mit viel Emotion: „Der Bewegungsmangel der Kinder zeigt sich immer offensichtlicher. Doch das Problem beginnt bei den Eltern und wird im Kindergarten fortgeführt.“ Begeistert erzählt der Diplom-​Sportlehrer von der größten Schulsportveranstaltung in ganz Deutschland, den Tag des „Kinder-​Sport-​Spaß-​Festes“: „Da rennen über 2500 Kinder durch die Gegend und sind kaum zu bremsen. Die wollen sich bewegen, man muss sie nur lassen. Schafft eines der Kinder dann mal einen Klimmzug, rennt es raus zu seiner Mutter und erzählt ihr davon ganz stolz.“ Der Sport kommt also auch der Persönlichkeitsentwicklung der Kinder zugute und als Trainer stellt sich natürlich ebenfalls Genugtuung ein. Der Austausch innerhalb des Sports ist immens, auch ausländische Kinder können sich viel schneller integrieren und auch soziale Kompetenzen werden beim Sport trainiert.
Dombrowski sieht die Entwicklung des sportlichen Zustandes der Kinder immer problematischer. Dabei sei doch jedes Kind eingeladen, in die angebotenen Sportstunden zu kommen, es finde keine Ausgrenzung statt und geschieht auch nur zum Wohl der Kinder.
Eine Institution, wie die des Stadtsportlehrers, hält Dombrowski also für extrem sinnvoll und sollte seiner Meinung nach auch eine Vorbildfunktion für andere Städte haben. Neben der Funktion als Schülertrainer ist Dombrowski auch der Cheftrainer bei den Leichtathleten der LG Staufen und das mit besonderen Erfolgen. So trainierte er schon Steffen Munz, Junioren-​Vize-​Europameister im Zehnkampf, oder Jan Titze, U-​23-​EM-​Teilnehmer im Hochsprung. „Es gab schon immer tolle Athleten respektive Persönlichleiten, an die man sich sehr gerne erinnert“, blickt Dombrowski stolz zurück. So nannte er auch Wolfgang Kraus, Ulrike Hebestreit oder Jochen Michl, die alle schon Medaillen bei nationalen Titelkämpfen gewonnen haben und zu denen immer noch Kontakt besteht. „Sport verbindet einfach und ich bin stolz, dass man nach der langen Zusammenarbeit mit so vielen Athleten immer noch Kontakt halten kann“, freut sich der LG-​Staufen-​Coach. Was aber ist mit der Attraktivität der Leichtathletik passiert? Zuschauerzahlen sowie auch das Medieninteresse gehen sehr stark zurück, dabei ist doch die Leichtathletik Olympia-​Sportart Nummer eins.
Lutz Dombrowski macht dies an verschiedenen Faktoren fest: „Wenn man beim Verband immer noch Zeitpläne, die zehn Jahre alt sind abschreibt und diese nicht kompakter gestaltet, fällt es schwer attraktive TV-​Berichte zu senden.“ Doch auch die Medien machen seiner Meinung nach große Fehler, da man zu viel dem Mittelmaß bei anderen Sportarten applaudieren würde. „Man kann doch auch mal von baden-​württembergischen Meisterschaften berichten. Eine Zusammenfassung von fünf Minuten in regionalen Sportsendungen wären eigentlich ausreichend“, klagt der ehemalige Topathlet, oft fehle es auch bei den Zuschauern, bestimmte Leistungen richtig einzuordnen oder zu beurteilen.
Bei so vielen Aufgabenbereichen stellt sich die Frage, wie Lutz Dombrowski das alles unter einen Hut bekommt. „Ich habe schon auf 200 Stunden Resturlaub verzichtet, doch dieses Pensum ist zu viel, da ich ja auch noch Familie habe.“ Mit fast 50 Jahren lässt Lutz Dombrowski sein Leben einmal Revue passieren und blickt auf viele einschneidende Impressionen zurück.
Nun ist der Diplomsportlehrer aber schon seit fast 17 Jahren im Amt und es hängt eine Menge Herzblut an seinen Tätigkeiten und auch an der LG Staufen. Die sportlichen Strukturen in Gmünd leiden noch, so hätte sich Dombrowski von dem Hochbegabten-​Gymnasium etwas mehr erhofft: „Da hätte man doch auch hochbegabte Sportler, Musiker oder Künstler mit integrieren können, die in ihrem Metier dadurch optimal unterstützt werden würden.“ In der ehemaligen DDR waren auf jeden Fall noch andere sportliche Strukturen geschaffen: „Institutionen wie Sportgymnasien oder ein staatlich unterstütztes Studium für herausragende Talente würden Deutschland heute gut tun.“ Immer wieder wird bemängelt, dass es keine Talente mehr gibt, doch Deutschland hat immer noch große Talente, nur müssten professionellere Möglichkeiten für den Nachwuchs geschaffen werden. Etwa in der der Weise wie es Dietmar Hopp bei den Fußballern in Hoffenheim macht, doch das sollte auch mal einer Sportart, die so viele Möglichkeiten wie sie die Leichtathletik bietet, passieren.
Talente gibt es immer wieder und Dombrowski sucht diese auch, um sie zu motivieren und später vielleicht auch einmal bei deutschen Meisterschaften vor 15 000 Zuschauern zu betreuen. „Ein solches Gefühl ist einzigartig“, erinnert sich Lutz Dombrowski auch an seine Zeit zurück, doch damals waren es noch etwa dreimal so viele Zuschauer. Zum Beispiel bei seinem Goldsprung bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau.

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