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Kirche und Wirtschaft: Neue Ideen für den Ostalbkreis wurden zur Diskussion gestellt

Weiter denken und anders handeln führt oft zu erstaunlichen Resultaten. Dies zeigte sich bei einer Podiumsdiskussion im Gemeindezentrum St. Maria in Aalen zum Abschluss der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „Kirche und Wirtschaft“ des Dekanats Ostalb. Von Johannes Müller

Freitag, 29. Oktober 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 26 Sekunden Lesedauer

OSTALBKREIS. Nachdem der erfolgreiche Unternehmer Reinhold Würth auf die Frage „Wirtschaftskrise und was jetzt?“ bei der Auftaktveranstaltung eine eher düstere Zukunftsprognose gestellt und beim zweiten Abend der Innsbrucker Theologe Roman Siebenrock die Krise als Normalfall für den Christen bezeichnet hatte, gab es zum Abschluss der Reihe deutliche Zeichen der Hoffnung.
Drei auf je eigene Art kreative Referenten hatte das katholische Dekanat Ostalb in Zusammenarbeit mit dem Bildungswerk (keb) und der Betriebsseelsorge gewonnen: Den Diplom-​Physiker Thomas Vetter von der Lorcher Firma Aradex, den Oberstudienrat i.R. Erich Pommerenke, der in Spraitbach stellvertretender Bürgermeister ist, und den Diplom-​Designer und Unternehmensgestalter Andreas Utz, der Gastdozent an der Fachhochschule Aalen ist. „Wir verkürzen unsere Entwicklungsprozesse, indem wir ganz neue Wege abseits konventioneller Methoden und eingefahrener Systeme gehen“, argumentierte Thomas Vetter.
Als Beweis überraschte er mit der Tatsache, dass es in seinem Unternehmen letztes Jahr gelungen sei, in nur acht Monaten aus einem alten amerikanischen Pontiac ein tolles Elektro-​Auto zu machen, das bis zu 150 Kilometer Reichweite hat und 140 Stundenkilometer fährt. „Und das mit einer Batterie aus China, weil wir in Deutschland keine solche bekommen konnten“.
Aradex entwickelt und produziert seit 21 Jahren in Lorch Elektro-​Antriebe von zehn Watt bis sechs Megawatt. Das äußerst erfolgreiche Unternehmen beschäftigt 42 Mitarbeiter, davon fahren 32 einen Dienstwagen. „Die Zukunft liegt hinter der Mauer des Wissens“ behauptet Vetter mit dem Hinweis, dass das jeweilige Wissen immer schon Vergangenheit sei. Wichtiger ist für ihn die Vorstellungskraft, die mit kreativen Mitarbeitern – 22 bei Aradex sind Akademiker – anzustreben sei. „Weiter denken und anders handeln“ sei die beste Motivation.
Wie kann der kommunale Bereich auf solche Prozesse Einfluss nehmen? Auf diese Frage ging Erich Pommerenke ein. In Spraitbach habe man nach einer gewaltigen Firmenpleite, die 350 Arbeitsplätze gekostet habe, das Projekt Sprait-​Tech gegründet, ein Modell, das er beispielhaft nannte. Für fünf Millionen Euro habe die Gemeinde mit Hilfe von Darlehen und Förderung des Landkreises das 11 000 qm große Firmengelände aufgekauft und neue Arbeitsplätze geschaffen.
Über Zwischennutzung durch Pachtverträge habe man neue Wege beschritten und die Arbeitslosenquote in Spraitbach von zehn Prozent deutlich senken können. Im Ort sei die Skepsis wegen der hohen Darlehensschulden zwar immer noch groß, berichtete Pommerenke, aber das Risiko sei vertretbar und der bisherige Erfolg spreche für die richtige Entscheidung.
Solche Erfahrungen sollten für andere nutzbar gemacht werden, sagte Andreas Utz. Es gelte, das rechte Maß zu finden zwischen den Zielen, Mitteln, Normen und Ideen. Dies zeichne gute Prozesse aus. Als Beispiel für diesen Weg führte er das von ihm entwickelte „variable Haus“ an, das für die jeweilige Lebenssituation veränderbar sei. „Was ich herausnehme, übernehmen die anderen Teile“, sei das Prinzip dieses Hauses, das wertsteigernde Nutzenvorteile habe.
In der Diskussion wurde die derzeitige Wissensvermittlung in Schule und Hochschule in Frage gestellt. Thomas Vetter hielt die vielen differenzierten Studiengänge für falsch und plädierte für einen ganzheitlichen, unkonventionellen Weg, der auch vor überraschenden Wechseln nicht zurückschrecken dürfe. „Bei Aradex wurden aus gelernten Maschinenbauern erfolgreiche Software-​Spezialisten“, berichtete er.
Ethische Fragen brachte Betriebsseelsorger Siedler als Moderator ins Spiel: Verantwortung, Vertrauen, Qualitätsbewusstsein und Verlässlichkeit. Die Referenten meinten einhellig, wenn die Mitarbeiter das tun dürften, was sie mögen und wozu sie Talent haben, dann stimme es auch mit der Ethik. Für die Veranstalter dankten Dekanatsreferentin Hildegard Seibold und Bildungsleiter Wilfred Nann (keb) für die überzeugenden Argumente und die hoffentlich weiterwirkenden Beispiele.

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