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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Fritz und Karin Miller hängen das Wirtsdasein für das „Prediger Weinstüble“ Ende Mai an den Nagel

Es ist eine der versteckteren Gmünder Sehenswürdigkeiten, wiewohl das kleine Fachwerkhaus am Türlensteg mit seinem schmiedeeisernen Rankenwerk durchaus ansehnlich ist. Doch man muss schon reingehen ins „Prediger Weinstüble.“ So lange es noch geht: Fritz und Karin Miller wollen aufhören.

Dienstag, 27. April 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
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SCHWÄBISCH GMÜND (rw). „Gesundheits– und altershalber“ hören sie am 31. Mai auf, sagt Fritz Miller (72), der zusammen mit seiner Lebensgefährtin Karin seit 1980 das „Prediger Weinstüble“ geführt hat – Treffpunkt vieler Schauspieler, Künstler und auch des Publikums, so weit es in der kleinen Wirtschaft Platz fand, nach Konzerten und Aufführungen. Und oft kamen auch Geschäftsleute und Geschäftsreisende in den Raum mit der niedrigen, dunklen Decke aus Mooreiche: „Hier hat man den Besuch reingeführt, wenn man was Besonderes zeigen wollte.“ Fritz Miller kam ursprünglich aus der Werbebranche, sein Herz aber hängte er an die Malerei, wovon sich jeder überzeugen kann, der ins Weinstüble kommt. Die Zeichnungen und Gemälde stammen alle von ihm, und es konnte vorkommen, dass er einen Gast mit flinker Hand porträtierte – wenn er nicht zur Unterhaltung auf dem Klavier spielte. Nach den Gmünder Designgesprächen anno 1999 saßen Finanzexperten hier, darunter Walter Hankel, der hier seine Klage gegen den Euro bekanntgab – der Euro kam, aber denkwürdig war es doch. Für Karin und Fritz Miller, der aus Schorndorf stammt, war das kleine Haus Türlensteg 13, am Knie des nur noch alten Gmündern geläufigen „Bogenbergle“ gelegen, der Lebensmittelpunkt. Unter dem Dach wohnten und wohnen sie weiter, im ersten Stock hatte Miller sein Atelier. Fritz Miller verlegt es in die Nachbarschaft, es ist einfach zu klein geworden für die Fülle von Materialien, Archivalien und Utensilien und die vielen Zeichnungen und Bilder, die er angehäuft hat.
Die Sammellust zeigt sich auch in der Weinstube: Jeder Sims, jede Nische, jeder Fachboden in den Vitrinen ist ausgefüllt mit Figürchen und Alltagsgegenständen, liebenswerter Krimskrams dem einen, Geschichte und Geschichten transportierende Objekte dem anderen. Eine Wirtschaft war das Haus schon im 18. Jahrhundert, der unvergessene Theo Zanek hat seine Geschichte auf der Getränke– und Speisenkarte nachgezeichnet. Es war die „Galeriestube“ des Gmünder Künstlers Max Seiz in den 60er– und 70er-​Jahren, davor das „Bratwurstglöckle“, wo eine Ecke mit Inflationsgeld tapeziert war und „Millionenstüble“ hieß.
Das Geschäft habe schon nachgelassen in den letzten Jahren, sagt Fritz Miller, dem es ein Anliegen ist, seinen Gästen „remstalab– und aufwärts“ zu danken — und den Nachbarn auch. Doch offen war immer Dienstag bis Samstag ab 17 Uhr, und oft ging es ziemlich hoch her, „aber die Polizei hat die Karin nie gebraucht.“ 20 Jahre spielte das Gmünder Seniorenorchester hier regelmäßig. Wer noch Geschenkgutscheine hat, meint Fritz Miller, sollte sie bis Ende Mai einlösen. Was aus dem Haus und dem „Weinstüble“ wird? Millers Wunsch: „Es wäre doch schön, wenn die Einrichtung erhalten bliebe und sich ein Wirt findet, der das auch 30 Jahre lang macht.“ Mit so viel Leidenschaft wie Fritz und Karin Miller. Man kann reingehen und mit ihm darüber sprechen, ein Erlebnis ist es allemal.

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