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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Am Sonntag, 3. Oktober, feiert James Adams mit Schülern und Freunden und allen, die kommen wollen, den 70. Geburtstag

James Adams ist 70 Jahre alt. Den 11. September, seinen Geburtstag, verbindet er mit dem Tod so vieler Landsleute im World Trade Center: Das ist ein trauriger Tag. So feiert der begnadete Pianist am 3. Oktober – mit all seinen Freunden, mit all seinen Schülern, mit allen, die ihn immer gerne gehört haben.

Dienstag, 21. September 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
4 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (bt). Er ist in Kalifornien geboren, ganz dicht dran an Hollywood, wo die Vereinigten Staaten so bunt und glamourös, so aufregend sind wie nirgends sonst. Irgendwie ist ihm das wichtig; auch sein Leben war alles mögliche – langweilig aber nie. Er ist der alten Heimat noch immer intensiv verbunden, sonst wäre er, wie all die Jahre zuvor, am 11. September in Festlaune. Auf der anderen Seite aber meint er Gmünd, wenn er von Daheim spricht. Und dass er hier nach all den Jahren in denen er Chöre geleitet, Schüler unterrichtet und Konzerte gegeben hat, kein „Reingschmeckter“ mehr ist, macht ihn stolz. Wer ein so großes Herz hat, wird beiden Welten gerecht.
Irgendwie war es naheliegend, dass James, oder Jim, wie er genannt wurde, der Musik verfiel. Der Vater spielte Geige, und die erste Erinnerung, die James Adams hat, zeigt ihn als gerade mal dreieinhalbjährigen Steppke, der mit seiner winzigen Geige vor den Leuten steht und „herumkratzt“. Gern ist er nie zum Geigenunterricht gegangen, aber wann immer er ein Klavier sah, machte er sich darüber her, bis selbst sein Vater begriff, dass der Bub nicht für die Geige bestimmt war. Fünf Jahre alt war er, als sich die Familie ein Klavier leistete, und damit waren die entscheidenden Weichen gestellt. Eine wirklich liebe Lehrerin tat ein übriges, diese lebenslange Leidenschaft zu begründen und zu festigen.
Das Talent war da, keine Frage; er erhielt Stipendien, studierte unter anderem bei Lucile Vogel Cole, eine Leszetycki-​Schülerin – und der war wie Franz Liszt einer der Meisterlehrer des 19. Jahrhunderts. Er lernte mit Jon Robertson und Herbert Horn, widmete sich in Yale gemeinsam mit Wald Davenny der von ihm so geliebten Kammermusik.
Es waren goldene Jahre. Wenn das Geld nicht reichte, verdingte er sich auch schon mal als Tour-​Guide, als Reiseführer — auf einer denkwürdigen Fahrt von Mexiko nach New York lernte er Margret kennen, die später seine Frau und die Mutter seiner Kinder wurde. In dieser Zeit hat er auch damit begonnen, für Zeitschriften zu schreiben – einfach weil’s dann die Konzertkarten kostenlos gab. Und was hat er da nicht alles gesehen und gehört. Er interviewte Herbert von Karajan und Leonard Bernstein: „Solche Leute musst du einfach reden lassen, von ihnen zu lernen ist reine Freude“.
Bei einer Konferenz zahlreicher Vertreter internationaler Schulen erhielt er ein Angebot aus Indien, das er aufgrund der exzellenten Bedingungen gerne annahm. Vorher wurden vier Wochen lang Margrets Eltern in Schwäbisch Gmünd besucht, zwischendurch ein VW gemietet und Italien bereist. Damals, hat er mit Gmünd Freundschaft geschlossen; noch heute schwärmt er von der Gulaschsuppe im „Stern“. Vier Jahre lang, von 1968 bis 1972 ging’s dann in der Ferne. Das Paar hatte sich mit dem kleinen Sohn, William, auf den Subkontinent verabschiedet. Als die Familie wieder nach Deutschland zurückkehrte, hatte sie auch noch Renata im Gepäck – später stellte sich Stefanie ein, deren Kinder den liebevollen Opa „locker um den Finger wickeln“, wie er lachend einräumt. Indien war wunderschön — „wir lebten wie die Paschas“ erinnert sich Adams, aber mit Blick auf die Kinder, die nichts anderes kannten, auch kein richtiges Zuhause, habe er das Gefühl gehabt, „stehen bleiben und die Kinder leben lassen zu müssen“. Wie gerufen kam da die Begegnung mit Erich Ganzenmüller, damals stellvertretender Landtagspräsident: Er wollte Adams unbedingt für Gmünd gewinnen – und war 1972 schließlich erfolgreich. In Gmünd machte der Musiker schnell von sich reden. Seine Improvisationen, etwa zu Initialen oder Telefon-​Tonfolgen waren legendär. Gemeinsam mit Gunhild Wildmann (Cello) und Rainer Peschke (Geige) gründete er das Gmünder Trio, das der Stadt bei mehr als einer Gelegenheit zur Ehre gereichte; die Drei produzierten eine CD mit zeitgenössischen Klaviertrios. Auch die Konterte mit Elisabeth Bengtson-​Opitz waren eine Bereicherung für die Stadt. Von Anfang an widmete er sich seinen Klavierschülern — bereits ab 1972 arbeitete er mit zwei Ausnahme-​Talenten, den Brüdern Hans-​Peter und Volker Stenzl, was er unglaublich erfüllend aber auch sehr anstrengend fand: „Nach zwei Stunden mit den beiden war ich völlig erledigt“. Bis zur Pensionierung unterrichtete er auch im Pro-​Gymnasium in Lorch. In den Vereinen hat er sich ebenfalls engagiert. Nachdem sich die drei Vereine Alpenrose, Liedertafel und Männergesangverein 1823 in ihren jeweiligen Hauptversammlungen zu einer Fusion entschlossen hatten, fand 1975 die Gründungsversammlung statt. Kurz darauf wurde James Adams verpflichtet. Er übernahm später auch den gemischten Chor: Unter anderem das Konzert im September 1975 im Prediger war ein Riesen-​Erfolg. Fünf Jahre später trat James Adams als Chorleiter zurück; die Arbeitsbelastung war zu groß geworden. Mit dem Kolping-​Musiktheater führte er den „Vetter aus Dingsda“, die „Maske in Blau“ und das „Weiße Rößl“ auf. Der verstorbene Walter Böhnlein erinnerte sich stets gerne an die Zusammenarbeit mit ihm: Zusammen mit Hanspeter Weiss hatte Adams unter anderem „unsere wahrscheinlich beste Inszenierung“ an zwei Flügeln begleitet, das „Feuerwerk“ im Predigersaal.
Am 3.Oktober geht’s
um ein Lebenswerk
Am Sonntag, 3. Oktober, sind ab 17 Uhr alle in die Musikschule eingeladen. Viele ehemalige Schüler haben ihr Kommen und ihre Beteiligung zugesagt und auch „Überraschungen“ in Aussicht gestellt. Aufgrund einiger technischer Probleme war es ihm trotz seiner mühsamen Spurensuche nicht möglich, alle zu erreichen, aber James Adams betont, dass er sich über jeden und jede freut, und auch kurzfristig noch Programmänderungen möglich sind. Sein Dank gilt vor allem Valentine Weingardt, die ihm während seiner Krankheit „Augen und Ohren“ war und auch sonst immer für ihn da ist. Groß veröffentlichen will er diesen Termin nicht: Wenn sich die Menschen für etwas interessieren, finden sie einen Weg, davon ist er überzeugt. Eine einzige Zeitung habe einst eine kleine Notiz gedruckt, dass Wladimir Horowitz nach New York kommen würde: „Morgens um vier war die Schlange 800 Meter lang, bevor’s richtig hell war, waren beide Konzerte ausverkauft.“ Auch James Adams war damals dabei und hat diesen Abend nie vergessen. Es gibt ganz wenige echte Sternstunden — auch der 3. Oktober wird so eine Veranstaltung sein. Weil Hochbegabte spielen, sicherlich, vor allem aber weil es um nichts weniger geht als um sein Lebenswerk.

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