Der vor 20 Jahren in Schwäbisch Gmünd gegründete Wasserverband Rems hat das Remstal vor einer Katastrophe bewahrt
Hans-Georg Walter, Technischer Geschäftsführer des Wasserverbands Rems und einer der Gründerväter dieser interkommunalen Hochwasserschutzgemeinschaft aus Schwäbisch Gmünd, stand da gestern nach dramatischen Stunden zufrieden-besinnlich auf dem mächtigen Sperrwerk des Rückhaltebeckens Winterbach bei Schorndorf. Technik und Strategie haben ihre Feuertaufe (bzw.Wassertaufe) bestanden. Von Heino Schütte
Freitag, 14. Januar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
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Gleichermaßen angespannte wie hoffnungsvolle Blicke von zahlreichen besorgten Bürgermeistern und Rems-Anliegern richteten sich ab dem späten Vormittag auf die Stauwärterstation auf dem Damm des Polders bei Winterbach. Es wurde urplötzlich zur ganz großen Schaltstelle und Krisenzentrale. Und dort sorgte das Hochwasser für eine Premiere der ganz besonderen Art. Freilich wäre zu diesem Anlass aber eine Blasmusik mit Sektempfang völlig deplatziert gewesen. Erstmals seit seiner Gründung stand der Wasserverband Rems vor der ganz großen Bewährungsprobe, um die Funktionsfähigkeit und Wirkungsweise der mächtigen Sperrwerke unter Beweis zu stellen. Mit einem Fassungsvermögen von 1,6 Millionen Kubikmeter ist der normalerweise trockenliegende Polder (ebenso wie seine kleineren „Kollegen“ zwischen Gmünd und Lorch und bei Waldhausen) in der Lage, die Spitzen von Hochwasserwellen sozusagen abzufedern. Hans-Georg Walter und Stauwärter Martin Fischer wurden am Morgen bereits vor der computergesteuerten Auslösung der Fluttore von zahlreichen herbei– geilten Bürgern regelrecht bedrängt: Der Verband möge doch die mächtigen Stahlschilder umgehend in die Fluten runterlassen, um die Gefahr zu bannen. Zu tief sitzt der Schrecken der Hochwasserkatastrophen der letzten Jahrzehnte mit ihren enormen finanziellen und ideellen Schäden. Martin Fischers Sorge galt zunächst noch der Räumung und Absperrung des künstlichen Überflutungsgebiets, weil da auch noch einige Autos reingefahren waren. Dazu bereitet der Andrang von zahlreichen Schaulustigen Kummer. Die Polizei musste eingreifen, um Polder und Wege zu räumen und abzuriegeln.
Schließlich eilte plötzlich Bürgermeister Norbert Zeidler aus Remshalden herbei. Dann auch der örtliche Feuerwehrkommandant Michael Seim. Beide beschrieben, dass die Situation entlang der Rems und dazu der wachsende Druck des steigenden Grundwassers bedenklich werde. Die Mitarbeiter des Remsverbands wollten nun im Abwarten auf die eigentliche Hochwasserspitze nichts mehr riskieren und nahmen bereits zehn Zentimeter vor der computerbefohlenen Pegelmarke das Sperrwerk in Betrieb. Steuerung und Elektromotoren sprangen problemlos an. Wie ein mächtiger Rollladen senkten sich die Stahlplatten bis auf die Wasseroberfläche. Nur noch dosiert durfte der wildgewordene Fluss nun weiter in Richtung unteres Remstal rauschen. Erleichterung bei den vielen Hochwassergeschädigten der früheren Jahre war spür– und hörbar, als sich der Polder langsam füllte, um diesmal etliche Gemeinden und vor allem auch Gewerbe– und Industriebetriebe vor Überflutungen größeren Ausmaßes zu schützen. Das Wärterhäuschen am Sperrwerk wurde unversehens zu einem Versammlungs– und Diskussionsforum. Hoffentlich könne alsbald auch die Hochwasserschutzanlage bei Plüderhausen verwirklicht werden, wo Einsprüche das Projekt bislang bremsen.
Hans-Georg Walter und Martin Fischer erklärten geduldig, dass die Sperranlagen nicht dazu gebaut wurden, das Hochwasser komplett aufzufangen. Es sei Strategie, die Sperrtore erst dann einzusetzen, um einer Hochwasserwelle die besonders gefürchtete Spitze abschöpfen zu können. Das System bewährte sich.
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