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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Die Pegel schossen in die Höhe /​Krisenstab trifft Vorsorge /​Feuerwehren hatten viel zu tun /​Erdrutsch bremst Zugverkehr

Hochwasseralarm gestern auch im Raum Schwäbisch Gmünd. Zwar kam es nicht so verheerend wie im benachbarten Rems-​Murr-​Kreis (siehe Bericht im überregionalen Teil unserer Zeitung), doch haben sich Wiesen und Felder auch im Altkreis Schwäbisch Gmünd in eine Seenlandschaft zu verwandelt. Es kommt zu erheblichen Verkehrsbehinderungen. Von Heino Schütte

Freitag, 14. Januar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND. Eigentlich dachte doch jeder, dass mit der großen Schneeschmelze am Wochenende das Gröbste vorbei war. Überraschend kam es jedoch gestern Morgen „ganz dicke“, erst vom Himmel und dann von allen Berghängen und Zuflüssen der Rems herab. Der heftige Dauerregen in Verbindung mit dem Abtauen der letzten Schneereste sorgte für eine Hochwassersituation speziell im Ostalb– und Rems-​Murr-​Kreis wie schon lange nicht mehr. Hochwasserexperte Hans-​Georg Walter, Technischer Geschäftsführer des Wasserverbands Rems, beschreibt als Ursache auch die Bodenflächen, die sich zuletzt vollgesogen haben wie ein Schwamm. Da könne nichts mehr aufgenommen werden; das Wasser fließe an der Oberfläche ab.
Boden nimmt Wasser nicht mehr auf
Im Gmünder Raum kam es deshalb auch weniger zu Überflutungen der Flussufer. Die Probleme tauchten eher auf den Ebenen und an den Berghängen auf. Über Nacht hatten sich Felder in Seen, kleine Rinnsale in reißende Bäche verwandelt. Ab Mitternacht schossen die Pegelstände der Rems förmlich in die Höhe. Relativ moderat blieb die Hochwasserflut der Rems in Gmünd: Die Hochwassermeldemarke liegt hier bei 150 cm. Der Wasserstand an der Messstelle in der Weststadt pendelte im Lauf des Tages um die zwei Meter. Weitaus dramatischer die Entwicklung am zweiten Remspegel bei Schorndorf (siehe auch übernächste Seite): Meldemarke 250 Zentimeter; bis zum Abend wurde die bisherige Rekordmarke vom 21. März 2002 (512 cm) erreicht. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte dort der Wasserverband Rems nicht seine Hochwasserrückhalteanlage in Betrieb setzen können.
Zahlreiche Einsatzstellen
Im gesamten Remstal waren die Feuerwehren im Einsatz, um größere und viele kleine Brennpunkte zu entschärfen, auch um mit Sandsäcken Vorsorge zu treffen und die weitere Entwicklung zu beobachten. Eine ganze Reihe von Einsätzen bewältigte die Gmünder Feuerwehr mit ihren Abteilungen Innenstadt, Lindach und Wetzgau. Sogar in der Bocksgasse musste ein unter Wasser stehender Aufzugsschacht leergepumpt werden. In etlichen Kellern war Grund– oder Oberflächenwasser eingedrungen.
Straßensperrungen
Ein Erdrutsch am Hirschbrunnenweg legte gegen 11 Uhr den Bahnverkehr für etwa eine Stunde lahm. Am Nepperberg bedrohte Geröll ein Privatgrundstück. Beidemal beseitigte die Feuerwehr die Gefahr. Enormes leisteten den ganzen Tag über auch die Mitarbeiter der Bauhöfe. Pausenlos wurden Kanaleinläufe gesäubert und auch Treibgut entfernt, so auch um die Funktionsfähigkeit der Hochwasserschutzanlage am Sperrwerk Reichenhof vor Lorch aufrecht zu erhalten.
Am Nachmittag musste die B 29 bei Lorch in Fahrtrichtung Schwäbisch Gmünd halbseitig gesperrt werden. Ursache war gleichfalls ein Erdrutsch. Gegen Abend wurde dann wegen Geröll und Wassermassen die Straße zwischen Wetzgau und Haselbach unpassierbar. Sie muss bis mindestens heute Morgen gesperrt bleiben.
Krisenstab im Feuerwehrhaus
Im Gmünder Feuerwehrhaus versammelte sich ein Krisenstab, um weitere Vorsorge zu treffen. Feuerwehrleute füllten im Bauhof zusätzliche Sandsäcke. Insgesamt 10 000 Stück stehen jetzt zur Verfügung. Eine Verteilerstelle wurde bei der Trafostation in Hussenhofen eingerichtet. Die Säcke fanden rege Nachfrage. Dort und auch im Bereich Pfennigmühle sind die Bürger dazu aufgerufen, ganz besonders sorgsam die weitere Entwicklung des Remspegels zu beobachten.
Der Rems-​Murr-​Kreis ruft um Hilfe
Ein Hilferuf erreichte die Gmünder Feuerwehr aus dem katastrophal heimgesuchten Rems-​Murr-​Kreis. Um die eigene Vorsorge nicht zu gefährden, wurde die Bitte um Sandsack-​Nachschub zur Feuerwehr nach Aalen weitergeleitet. Am Abend waren im Rems-​Murr-​Kreis bereits rund 2000 Helfer, allein 1500 Kräfte der Feuerwehr, im Einsatz. 5000 Haushalte sind ohne Strom. Notunterkünfte für Obdachlose und Evakuierte werden eingerichtet. Nicht ausgeschlossen wird, dass im Nachbarkreis noch in der Nacht der Katastrophenalarm ausgerufen wird.
Leintal vorerst verschont
Auch im Leintal stehen die Feuerwehren Gewehr bei Fuß, mussten auch schon vereinzelt Sicherungsmaßnahmen einleiten. Doch scheinen dort die Rückhaltebecken des Wasserverbands Kocher-​Lein in der Lage, das aus früheren Zeiten bekannte und gefürchtete komplette „Land unter“ zu verhindern.
Letzte Meldungen
Bei Redaktionsschluss wurde heute Nacht bekannt, dass sich am Hirschbrunnenweg erneut Erdreich und Geröll in Bewegung gesetzt haben. Bauhof-​Teams sind im Einsatz. Möglicherweise muss heute Morgen erneut mit Zugverspätungen gerechnet werden. Und der Pegel Schorndorf hat die bisherige Rekordmarke von 2002 übersprungen. Ein neues Jahrhunderthochwasser also im Remstal.

Ausdrücklich weist der Krisenstab der Stadt darauf hin, dass bei auftauchenden Problemen sofort die Leitstelle der Feuerwehr, Tel.112, informiert werden soll. Die Pegelstände können im Internet unter hvz​.baden​-wuert​tem​berg​.de verfolgt werden.

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