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Vor 200 Jahren kehrte der Komponist Joseph Ohnewald nach Heuchlingen zurück, um zubleiben

Es ist keine Pflichtübung: Die Messe, die der Kirchenchor St vitus Heuchlingen derzeit einübt, ist wunderschön. Sie lieben diese Musik. Und sie freuen sich darüber, dass der größte Sohn ihrer Gemeinde nun endlich zu Ehren kommt: Joseph Ohnewald

Mittwoch, 18. Mai 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 46 Sekunden Lesedauer

HEUCHLINGEN (bt). Verschiedentlich wird behauptet, er sei Österreicher gewesen, oder stamme aus Böhmen. Die Heuchlinger wissen’s besser. Das Kauflädle der letzten Nachkommen ist noch einigen im Ort in Erinnerung. Hinweise darauf, dass es mal einen Musiker Joseph Ohnewald gab, der auch komponierte, finden sich in mancher Heuchlinger Schrift. Welche Bedeutung dieser größte Sohn der Gemeinde wirklich hatte, zeigte sich freilich erst, als sich Erich Baierl, Sonja Klingenmaier und Alfons Munz, unterstützt von Chorleiterin Rosemarie Pschorr, daranmachten, für ein Lebens– und Zeitbild Infomationen zusammenzutragen. Fachmann und PH-​Dozent Prof. Dr. Hermann Ullrich zufolge zählt Ohnewald „zu den erfolgreichsten Schöpfern katholischer Kirchenmusik nach der Säkularisation“. Die Heuchlinger, die seine Spur aufnahmen fanden in Archiven in Ellwangen, Dillingen, Augsburg, Ludwigsburg und Tübingen Hinweise, die Ullrich bestätigen. Eine Statistik des Klostern Maria Einsiedeln in der Schweiz zählt beispielsweise auf, das 1838 Figuralmusik von W.A. Mozart fünfundzwanzigmal, Titel von Haydn siebzehnmal und von Joseph Ohnewald zwanzigmal in den Gottesdiensten des Klosters zu hören war. Erich Baierl, der derzeit ein Buch über den Heuchlinger Komponisten schreibt, erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass Ohnewald keine reichen Gönner hatte, keinen Fürstprobst, der ihm den Rücken freihielt, auch keinen Kontakt zu anderen Musikern. Statt dessen musste er in schwerer Zeit sich und die Seinen ernähren, Hungersnöte überstehen, Besatzungsjahre und eine notorisch finanzschwache Kirchengemeinde, die sich schwer tat, ihm auch nur die Saiten seiner Geige zu ersetzen.

Joseph Ohnewald wurde am 29. Oktober 1781 in Heuchlingen geboren, wie die Eltern und Großeltern vor ihm. Er studierte Theologie und Musik in Dillingen und Augsburg und kehrte dann 1881 in seinen Heimatort zurück, wo er bis zu seinem Tod 1856 als Komponist, Krämer, Gemeindepfleger, Ortschronist, Musikpädagoge und Leiter der Kirchenmusik wirkte. Beerdigt wurde er auf dem damals noch neuen Friedhof. Das Internationale Quellenlexikon für Musik nennt 352 seiner Werke, darunter 55 Messen und 127 Hymnen; Erich Baierl erklärt aber, dass längst nicht alles verzeichnet ist — so findet sich dort nur ein Requiem, Baierl weiß aber von vier. Die Arbeit der Gruppe hat auch gezeigt, in welchem Maß sich Joseph Ohnewald um Heuchlingen verdient gemacht hat. Er organisierte Instrumente, zum Teil auf eigene Kosten, und bildete „taugliche Jünglinge, Knaben und Mädchen“ unentgeltlich aus. Er spielte auf der Orgel und pflegte den vierstimmigen Kirchengesang. Seiner Musik wegen, so heißt es, seien Pilger am Heuchlinger Fest scharenweise ins Leintal gekommen. 1815 schrieb er sein größtes Anliegen auf: „Zur Emporhebung einer ordentlichen Kirchenmusik auf dem Lande“ – Gedanken, die sein Studienkollege Pfarrer Vogt aus Bettringen 1819 an den König weiterleitete. Die Forderung, Seminare für Schullehrer einzurichten, damit deren Ausbildung vor allem auch in der Musik verbessert werden könne, traf den Zeitgeist: 1825 wurde in Schwäbisch Gmünd das erste katholische Lehrerseminar Württembergs eingerichtet.
Bürgermeister Lang bedankte sich gestern herzlich bei den Vertretern des Kirchenchors, die so viel Mühe, Zeit und Geld in die Spurensuche investieren, um Heuchlingen zu einem „kulturellen Schatz“ zu verhelfen.

Um Joseph Ohnewalds Erbe zu bewahren und wieder bekannt zu machen, hat sich Heuchlingen einiges einfallen lassen.
Zunächst wird ein Flyer verteilt, der die Heuchlinger, aber auch interessierte Musikliebhaber mit Ohnewald vertraut machen soll.
In einer Festschrift wird sein Lebensbild gezeichnet, das gleichzeitig ein liebevoller Blick in Heuchlingens Vergangenheit ist.
Am Heuchlinger Fest, dem Bruderschaftsfest der fast 350 Jahre alten Skapulierbruderschaft vom Berge Carmel am Sonntag, 17. Juli, wird der Kirchenchor die Festmesse mit der „Messe in D-​Dur“ für Chor, Orgel, Soli und Orchester aufführen. Gleichzeitig wird der „Alte Schulplatz in einen „Joseph Ohnewald-​Platz“ umgewandelt — sein Geburtshaus grenzte an den Platz des alten Schulgebäudes; er unterrichtete in der Elementarschule.
Am 29. Oktober, seinem 220. Geburtstag, wollen Kirchenchor, Liederkranz und Musikverein einen Festabend mit Werken Ohnewalds gestalten.
Prof. Ullrich wird ihn in einem Festvortrag würdigen.
Die Gemeinde prüft, wie sich bei der Friedhofsumgestaltung sein Grab entsprechend hervorheben lässt.

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