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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Vielversprechender Start der Bürgerarbeit in Gmünd /​Die ersten Bürgerarbeiter haben ihre Arbeit aufgenommen

Es könnte so gut sein, gäbe es nicht bürokratische Hindernisse, die kaum zu überwinden sind. Dass Gmünd als erste Stadt von der Bürgerarbeit profitieren kann, ist Beharrlichkeit und Phantasie geschuldet; dafür gab’s gestern ein Riesen-​Lob des Landrats. Die ersten vier Bürgerarbeiter stellten sich vor.

Freitag, 20. Mai 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 49 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (bt). Niccolai Schöll, Milena-​Carla Kammerer, Emine Kaplan und Florian Schön sind die ersten Bürgerarbeiterinnen und Bürgerarbeiter der Stadt; Jutta Müller-​Bieg, Silvia Ivancevic und Hanife Yaman fangen am 1. Juni an. Eingesetzt werden sie 30 Stunden in der Woche als „Quartierarbeiter“ in den Gmünder Stadtteilzentren und in der Tagesstätte für Wohnungslose St. Elisabeth.
Landrat Klaus Pavel erinnerte daran, dass Arbeitslosigkeit zuletzt nur noch verwaltet werden konnte. Fehlende Gestaltungsmöglichkeiten waren mit ein Grund dafür, warum sich die abo (die jetzt Jobcenter Ostalbkreis heißt) im vergangenen Jahr bemüht hatte, ins Projekt Bürgerarbeit aufgenommen zu werden. Der Ostalbkreis hatte Glück und wurde ausgewählt. Pavel sprach von einem „phantastischen Projekt“, das Menschen helfe, die Probleme hätten im ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen: „Da muss die Gesellschaft helfen“; das habe mit Wertschätzung zu tun und mit Teilhabe. Martina Häusler und Jürgen Bitzer vom Jobcenter Ostalb erklärten gestern, dass mit einem deutlich verbesserten Betreuungsschlüssel durch konsequente Vermittlung, Qualifizierung, Beratung und Begleitung von 540 ausgewählten Teilnehmern bis Ende April 278 Arbeit gefunden haben.
„Von 125 Bürgerarbeitsplätzen meilenweit entfernt“
In der zweiten Projektphase sollen diejenigen, die noch immer arbeitslos sind, in Bürgerarbeit vermittelt werden — dabei handelt es sich um zusätzliche, sozialversicherungspflichtige und im öffentlichen Interesse liegende Arbeitsplätze bei Kommunen, sozialen oder gemeinnützigen Einrichtungen. Der Ostalbkreis hatte es sich zum Ziel gesetzt, 125 dieser Arbeitsplätze einzurichten. Pavel lobte ausdrücklich Gmünds Bereitschaft, 30 Plätze zu schaffen „und mit gutem Beispiel voranzugehen“. Das Problem sei nur, dass die Verwaltung ein politisch gutes Programm ausbremse. Es muss sich um neue Arbeitsplätze handeln; so soll verhindert werden, dass mit subventioniertem Lohn reguläre Arbeitsplätze vernichtet werden. Bei der Überprüfung der Anträge werden nun so strenge Maßstab angelegt, dass 80 Prozent keine Gnade finden. Pavel: „Von den 125 sind wir meilenweit entfernt.“ Er halte an diesem Ziel freilich fest; wertvolle Arbeit werde hier geleistet.
Gmünd ist die erste Stadt, die tatsächlich Bürgerarbeiter beschäftigen kann — fünf in den neuen Stadtteilquartieren, in denen unter anderem Mittagstische angeboten werden, und zwei in St. Elisabeth, wo es bislang keine Möglichkeit gab, die Besucher in der Tagesstätte bzw. Wärmestube für Wohnsitzlose zu begleiten. Die Anträge „Saubere Stadt“ und „Begleitung Ehrenamt“ wurden abgelehnt. Eine Bürgerarbeitsstelle „Begleitung Wohnunslose“ wird erst zum 1. September besetzt. Weitere Stellen im Sportbereich sowie für Stadtjubiläum und Landesgartenschau werden beantragt. Für die bislang genehmigten Stellen erhält die Stadt über eine Laufzeit von 36 Monaten Zuschüsse aus Mitteln des Bundes und des Europäischen Sozialfonds in Höhe von 390 000 Euro, so dass ein Eigenanteil von 140 000 Euro bleibt.
Gmünds Oberbürgermeister Richard Arnold würdigte Pavels „unkonventionelles Vorgehen“, das die Bürgerarbeit möglich gemacht habe: Nun gelte es eben, bei der Antragstellung „findungsreich“ zu sein: „Das ist eine Frage des Ideenreichtums.“ Entbürokratisierung tue Not. Erster Bürgermeister Dr. Joachim Bläse zeigte sich einfach nur dankbar, dafür, dass es Bürgerarbeit gibt — und dass der Sozialausschuss, aber auch der Personalrat das Ganze unterstützten. So viel Arbeit warte darauf, getan zu werden. Auch Caritas-​Regionalleiter Harald Faber und Bernhard Bormann, Stadtteilkoordinator der Oststadt, machten deutlich, dass ohne Bürgerarbeit vieles nicht geleistet werden könne. Deutlich wurde gestern auch, wie schwierig die Auswahl der Bürgerarbeiter gewesen sei; viele überzeugende Kandidaten hätten sich beworben: Wer sich für eine solche Stelle interessiere, so wurde deutlich, wolle unbedingt Arbeit.
Langfristiges Ziel ist es Pavel zufolge, einen „echten zweiten Arbeitsmarkt“ zu etablieren; im Ostalbkreis könne das 500 Arbeitsplätze bedeuten. Zum Tag der Optionskommunen am 6. Juni ist Pavel einer von zwei Landräten, die nach Berlin eingeladen wurden – wie berichtet, kümmert sich der Ostalbkreis als frisch gebackene „Optionskommune“ ab 2012 in alleiniger Trägerschaft und Verantwortung um die Hartz IV-​Empfänger. Zu diesem Anlass wolle er darauf verweisen, wie wichtig mehr Gestaltungsmöglichkeiten auch bei der Bürgerarbeit seien und wie verheerend die bürokratischen Hemmschwellen. Im Gegensatz zu Ballungsräumen kenne man sich im Ostalbkreis, sei „kommunale Familie“; niemand werde hier versuchen, sich Subventionen zu erschwindeln.

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