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Die Dauercamper vom Götzenbachstausee

Zwei Stauseen liegen auf der Gemarkung der Gemeinde Göggingen. Während der Federbachstausee bei Horn ein eher beschauliches Gewässer ist, an dessen Ufer sich ab und zu ein paar Angler niederlassen, zieht der Götzenbachstausee bei Göggingen viele Erholungssuchende an.

Montag, 04. Juni 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer


Von Dorothee Wörner
GÖGGINGEN. Seit 1971 gibt es einen Campingplatz, der sich im Besitz des Camping-​Clubs Welzheimer Wald befindet. Er liegt auf einer Anhöhe über dem See und bietet 100 Campern Platz.
Einer davon ist Bernd Siegle, der mit seiner Frau Ingrid seit 1982 Dauercamper ist. Das bedeutet, dass er ein Wohnzelt fest eingerichtet hat, an das er mit seinem Wohnwagen andocken kann, wenn er übers Wochenende nach Göggingen kommt – und das tut er regelmäßig. Andere Camper haben ihre Parzelle mit einem „Wimpelbaum“ geschmückt, als Zeichen dafür, wie viele Campingplätze sie im In– und Ausland bereits angesteuert haben. Die Siegles haben das nicht, ihr Lieblingsplatz ist beim Götzenbachsee.
Früher waren die Kinder dabei, heute kommen nur noch die Eltern, aber alleine sind sie deshalb nicht. Bernd Siegle ist zweiter Vorsitzender des Vereins und kennt „jeden auf dem Platz“ wie er sagt. Hier ein kurzes „Hallo“, dort die Nachfrage nach gemeinsamen Aktionen, die Camper tauschen sich aus und manchmal hat auch einer eine ganze Kiste Pflaumen vom eigenen Garten mitgebracht, die er großzügig an die anderen verteilt. Denn es ist nicht so, dass die Camper nur in Miete wohnen und sich deshalb eine „Parzelle Freiheit“ gekauft oder gemietet haben. Wie Siegles haben die meisten ein eigenes Haus mit Garten und kommen dennoch immer wieder an diesen Platz.
Bernd Siegle hat einen anspruchsvollen Beruf. Als Abteilungsleiter in der Stadtkämmerei Stuttgart leitet er die Steuerabteilung und ist in diesem Bereich verantwortlich für die 600 000 Einwohner der Landeshauptstadt. Lachend sagt er jedoch: „Am Wochenende bin ich Gögginger“ und wenn er ganz hier leben würde, dann wäre er schon längst der Freiwilligen Feuerwehr beigetreten, denn er sei Vereinsmensch durch und durch.
Gemeinsam mit anderen Clubmitgliedern beteiligt er sich immer wieder an den großen Vereinsfesten in der Gemeinde. Sie halfen mit beim Brunnenfest, beim Feuerwehrfest oder waren bei den Festumzügen dabei, wir sind gerne beim Sportverein, beim Kleintierzuchtverein, oder bei den anderen Vereinen der Gemeinde. „Wir vom Campingclub verschließen uns nicht und denken, dass wir auch von den Gögginger Vereinen anerkannt sind“, meint er.
Dass sie selbst letztendlich diese lange Beziehung zum Gögginger Campingplatz aufrecht erhalten haben, dafür waren ihre Kinder ausschlaggebend. Während der Ferienzeit, wenn der Vater arbeiten musste, reisten sie gemeinsam mit ihrer Mutter an und waren wochenlang am Götzenbachsee. Viele andere Mütter machten es mit ihren Kindern ebenso und es wurde eine Jugendhütte eingerichtet, die von den Kindern bestimmt wurde. Herrliche Tage waren das, unbekümmert und frei und es kam vor, dass aus Jugendfreundschaften die große Liebe wurde, denn inzwischen gibt es beim Campingclub Welzheimer Wald drei Ehepaare, die sich in Göggingen kennengelernt haben.
„Leider gibt es das große Ferientreffen, dieses wochenlange Beisammensein heute nicht mehr so“, bedauert Ingrid Siegle, „weil die jungen Mütter arbeiten müssen.“ Ihre eigenen Kinder haben studiert, die Tochter ist Anwältin, der Sohn Betriebswirt, sie haben mit dem Campen völlig abgeschlossen. Ab und zu kommen sie auf einen Besuch vorbei.
Die Vögel zwitschern, Bernd Siegle lehnt sich zurück: „Es ist viel Natur hier“, sagt er, „das haben sogar schon die Niederländer festgestellt, die den Campingplatz beim Götzenbachsee ganz oben auf ihrer Rating-​Liste stehen haben, weil denen inzwischen die Natur, der Wald auch wichtiger sei als all der Luxus auf einem „Sterne-​Campingplatz“ mit Pool und allerlei Schnickschnack.
Über dreißig Jahre sind sie Wochenend-​Gögginger. „Ja“, sagen beide, „wir kommen, weil es uns Spaß macht und wir hier total abschalten können, auch mal im Jogginganzug, ohne Anzug und Krawatte.“ Inzwischen ist auch Ingrid Siegle wieder voll berufstätig und sie erzählt, dass sie hier einen ganzen Tag lang nur das getan habe, was sie wollte – „einfach nichts“. Auf die Frage, ob sie auch im Winter auf dem Platz sind, sagen sie überzeugt: „Im Winter ist es fast am Schönsten, da gibt es hier so eine tolle Gemeinschaft, wir heizen unsere Wohnzelte und Campingwagen ein und genießen die gemütliche Atmosphäre.“
Dass Bernd Siegle aber das Organisieren und Planen auch privat nicht ganz ablegen kann, spürt man, wenn er vom Verein berichtet: Da erzählt er von den Überlegungen des Campingclubs, im Hinblick auf die Landesgartenschau in Gmünd vielleicht ein Übernachtungspaket inklusive Eintritt anzubieten.

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