Direkt zum Inhalt springen

Nachrichten Ostalb

Kinder immer früher immer mehr gefordert: „Bewegungs-​Zertifikat“ für St. Antonius in Durlangen

Ehrengäste sitzen und gucken, mehr oder weniger interessiert. Normalerweise. Im Kindergarten St. Antonius in Durlangen nahmen sie am Freitag am bewegten Kreis teil – mit dem die Kinder üblicherweise den Morgen begrüßen –, die besonders Engagierten kämpften sich durch den Bewegungsparcours oder versuchten sich im Freien an Spielen wie dem „Gummihüpfen“, die seit Jahrzehnten kaum noch gespielt werden. Alle miteinander genossen sie Fitnessdrinks und gesunde Häppchen. St. Antonius ist jetzt auch offiziell ein Kindergarten, dem die umfassende Förderung der Kleinen am Herzen liegt.

Samstag, 21. Juli 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 36 Sekunden Lesedauer

Von Birgit Trinkle

DURLANGEN. Für diese Auszeichnung haben sich Moni Eberle, die Bewegungsfachfrau im Team, Dagmar Kutscherauer, Leiterin der Einrichtung, Andrea Tonhäuser und Christa Krieg jede Menge zusätzlicher Arbeit aufgepackt.
„So wie unser Leib unser Zugang zur Umwelt ist, so sind Wahrnehmung und Bewegung die medialen Möglichkeiten, uns die Umwelt zu erschließen“: Mit diesem Zitat verdeutlichte der Leiter des Motorikzentrums im Institut für soziale Berufe St. Loreto, Carl-​Michael Bundschuh, warum der Zertifizierung des Kindergartens St. Antonius als „Kindertagesstätte mit sport– und bewegungserzieherischem Schwerpunkt“ einige Bedeutung zukommt. So ohne weiteres ist diese Aufwertung nicht zu erhalten – Grundlage ist ein Erhebungsbogen, der von der St. Antonius ausgefüllt und dann sorgfältig ausgewertet und bewertet wurde. Art und Umfang der angeleiteten Bewegungsangebote wurden über einen Zeitraum von acht Wochen in Form eines Bewegungstagebuchs dokumentiert. Von den Elternabenden bis zur Kooperation mit dem Sportverein, von Fortbildungen bis hin zur Ausstattung des Kindergartens sind eine ganze Reihe von Bedingungen zu erfüllen – angefangen natürlich bei einer Mindeststundenzahl, die die Kinder in Bewegung verbringen. Das Zertifikat gilt für 3Jahre. Werden die Anforderungen weiterhin erfüllt, so verlängert sich nach erneuter Prüfung das Zertifikat.
Carl-​Michael Bundschuh, der das Zertifikat übergab, meinte, Bildung zu erwerben sei für die heutige Generation sehr viel schwieriger als für frühere Generationen. Veränderungen unserer Lebenswelt gehen schneller als früher von statten. Diese Veränderungen seien im größeren Zusammenhang der „Verfrühung von Kindheit“ zu sehen. Kinder würden in immer früheren Jahren mit Entwicklungsanforderungen und Belastungen konfrontiert, die eigentlich späteren Entwicklungsabschnitten vorbehalten seien. Nur wer körperlich und psychisch stabil in seiner Persönlichkeit sei, könne diesen Vorgang positiv bewältigen. Bildung solle deshalb wieder mehr als ganzheitliches Konzept verstanden werden, in dem Bewegung seinen festen, wichtigen Platz hat: „Bewegen, Denken und Verstehen – das hat zu tun mit dem ganzen Menschen, mit Leib und Seele, mit Herz und Verstand“. In Bewegungsangeboten lerne man, sich Ziele zu setzen und sie zu erreichen; „wir lernen siegen und verlieren, und wir begreifen, dass Bewegung und körperliche Anstrengung uns helfen, uns besser zu konzentrieren“. Sich selbst zu bewegen, schaffe außerdem Selbstvertrauen; das Kind werde mutiger, weil das Bedürfnis, neue Dinge zu entdecken, größer werde.
Das „Ich“ kann sich ohne
Bewegung nicht entwickeln
Der Drang nach Bewegung wird für viele Kinder immer mehr eingeschränkt. Somit können motorische Grundfähigkeiten wenig erprobt werden. Bewegung aber sei, so Bundschuh, ein natürliches Grundbedürfnis des Menschen: „Kleine Kinder können nicht stillsitzen; müssen sie einmal ruhig sitzen, so baumeln sie als Ausgleich mit den Füßen. Das „Ich“, so der Fachmann, könne sich ohne Bewegung nicht entwickeln; Bewegung gleich in welcher Differenziertheit und Undifferenziertheit, sei grundlegende Bedingung der Möglichkeit, Unabhängigkeit zu erleben. Der Mensch erfahre nicht nur über Bewegung, sondern er trete über sie in Kommunikation mit der Umwelt. Diese Möglichkeit, sich über den Körper auszudrücken, sei ursprüngliche Form von Kommunikation, aus der sich dann letztlich Sprache in ihrer abstrakten, verbalen Form entwickelt.
Um die Bedeutsamkeit der Bewegung auch nachdrücklich zu manifestieren hat sich das Landesinstitut für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik entschlossen Motorikzentren an ausgewählten Fachschulen für Sozialpädagogik zu installieren. Diese haben nun die Möglichkeit Kindertagesstätten die die relativ hohen Erwartungen erfüllen und die Bedeutung der Bewegung in ihrer Konzeption Rechnung tragen nach eingehender Prüfung ein Zertifikat zu verleihen.
St. Antonius in Durlangen hat sich diese Auszeichnung als erste Einrichtung im Gmünder Raum verdient.

14 Tage kostenlos und unverbindlich testen?
Das RZ-Probeabo - digital oder klassisch mit Trägerzustellung

2803 Aufrufe
627 Wörter
4299 Tage 13 Stunden Online

Beitrag teilen

Hinweis: Dieser Artikel wurde vor 4299 Tagen veröffentlicht.


QR-Code
remszeitung.de/2012/7/21/kinder-immer-frueher-immer-mehr-gefordert-bewegungs-zertifikat-fuer-st-antonius-in-durlangen/