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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Gmünder Volksbank kommt auch im Jahr 2013 finanziell noch nicht auf die Füße

Die Gmünder Volksbank wird auch in diesem Jahr noch nicht auf die Füße kommen – trotz Sanierungs– maßnahmen, sagte Verbandsdirektor Gerhard Schorr bei der Vertreter– versammlung im Stadtgarten.

Mittwoch, 19. Juni 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
4 Minuten Lesedauer


Von Heinz Strohmaier
Bei der Versammlung erläuterte Gerhard Schorr, Verbandsdirektor des Baden-​Württembergischen Genossenschaftsverband, das Ergebnis der gesetzlichen Prüfung und sagte für das Jahr 2013 eine rückläufige Ertragslage voraus.
Das Kreditgeschäft sei noch mit hohen Risiken belastet, allerdings hätten sich diese gegenüber dem Vorjahr verringert und resultieren noch aus der „jüngeren Vergangenheit“. Trotzdem sei die Finanzlage geordnet und die Zahlungsfähigkeit jederzeit gegeben, zumal viele Risiken durch den Verband abgeschirmt seien. Schorr mahnte dringend an, die Eigenkapitaldecke zu verbessern, denn diese entspreche nicht den üblichen Verhältnissen. Schorr gestand ein, dass diese Prüfung auch kein gutes Ergebnis für den Verband sei und erinnerte an die Zeit zurück, als vor 13 Jahren Udo Effenberger und Robert Knoll die damals schon zweite Sanierung der Volksbank Gmünd in Angriff nahmen.
Bis zum Jahr 2005 habe der Vorstand gute Arbeit geleistet und die Volksbank wieder auf den Weg gebracht. Doch dann sei der Wachstumskurs im Vergleich zu anderen Banken exorbitant gestiegen.
Erst jetzt habe man feststellen können, dass viel mehr kaputt gegangen sei als zunächst erkennbar. „Das ist unbefriedigend, aber so war es …“, sagte Schorr. Was zu Fragen aus der Versammlung führte. „Ich höre seit fast 20 Jahren, dass die Eigenkapitaldecke zu dünn ist. Warum ist nichts passiert“, fragte Dr. Leinß aus Lorch. Und Karl Kurz aus Waldstetten verlangte nach einer Erklärung, wie diese Entwicklung zustande kam, nachdem man noch vor zwei Jahren berichtet habe, dass die Volksbank Gmünd zu den erfolgreichsten in Deutschland gehöre.
Bevor über den Antrag, gegen die ehemaligen Vorstände Udo Effenberger und Robert Knoll Schadensersatzansprüche geltend zu machen, abgestimmt wurde, erläuterte Rechtsanwalt Dr. Stefan Winter die Grundlagen, auf die man sich stützen will und wo man nachweisen könne, dass fahrlässig gehandelt worden sei, wo vorsätzliche Pflichtverletzungen oder gravierende Verletzungen der banküblichen Informationspflicht vorliegen würden. Winter nahm sich dazu über eine Stunde Zeit. Eine Stunde, in der die fast 200 Vertreter aufmerksam zuhörten und es so mucksmäuschen still war, dass man sogar eine Stecknadel hätte fallen hören können.

Gutachter Dr. Winter führte aus, dass ein Vorstand bei der Kreditvergabe grundsätzlich einen weiten Ermessensspielraum habe, er dürfe daher grundsätzlich auch Risiken eingehen. Er müsse dabei aber in der Bankpraxis geltende Erfahrungssätze einhalten. Er müsse sich die zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit erforderlichen Informationen und Unterlagen beschaffen. Dr. Winter stellte dann vier Fälle vor, in den gravierende Pflichtverletzungen vorliegen, bei denen man nicht in der Sportlersprache sagen könne, „erst hatten wir kein Glück, dann kam auch noch Pech dazu“.
Fall eins handelte von einem Arzt, der verschiedene Patente für Verfahren hielt, mit denen Wirbelsäulenoperationen schonender durchgeführt werden sollten. Der Arzt wollte diese Patente zur Marktreife weiterentwickeln und mit der eigens dafür gegründeten Projektgesellschaft in zwei bis drei Jahren an die Börse. Im Jahr 2007 gab die Volksbank dem Arzt einen Kredit über 125 000 Euro zur Erstellung eines Businessplanes. Bis April 2012 waren Kredite von 15,5 Mio. Euro vergeben worden: neben der Projektgesellschaft selbst wurde der Arzt, dessen Gemeinschaftspraxis und eine Klinik, in der der Arzt als Belegarzt arbeitete, kreditiert.
Ohne dass die Gesamtfinanzierung des Projekts sichergestellt war, vergab die Volksbank an die Projektgesellschaft rund 10 Mio. Euro Kredit. Die für 2009 und 2010 angestrebten Umsatzzahlen wurden um 90 % verfehlt. Als Sicherheit dienten die verpfändeten Patente des Arztes, die von einem Wirtschaftsprüfer mit 46,2 Mio. Euro bewertet wurden. Der Wirtschaftsprüfer ging aber dabei von Zahlen zu Umsatz und Ertrag aus, die im Zeitpunkt der Bewertung völlig überholt waren; tatsächlich war den Patenten kein Sicherheitenwert beizumessen.
Falls das Projekt kein Erfolg wird, droht der Volksbank ein Totalausfall der von ihr gewährten Kredite. Das Pikante an der Sache: Herr Effenberger war zeitweilig Aufsichtsratsvorsitzender der Projektgesellschaft.
Im zweiten Fall handelte es sich um auf dem Gebiet der Medizintechnik tätige Kreditnehmer. Im Jahr 2009 wurden Kredite von 2,8 Mio. vergeben, davon 2 Mio. Euro besichert durch die KfW. Die hoch gesteckten Umsatz– und Ertragsziele der Kreditnehmer wurden vorne und hinten nicht erreicht. Obwohl die Volksbank im Jahr 2011 keinen Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kreditnehmer hatte, gab sie weitere Kreditmittel über 1,75 Mio. Euro, davon 750 000 Euro ohne werthaltige Sicherheiten. Ende 2011 folgte die Insolvenz. Es stellte sich heraus, dass die Kreditnehmer nicht vorhandene Geräte mehrfach an Leasinggesellschaften verkaufte; der Kreditnehmer wurde deshalb zu einer hohen Freiheitsstrafe verurteilt. Kreditausfall bei der Volksbank: 3,2 Mio. Euro. Dr. Winter: „Die Kreditausweitung erfolgte ins Blaue hinein, ohne Kenntnis der wirtschaftlichen Lage der Kreditnehmer.“
Der dritte Fall war die Finanzierung eines Unternehmens aus der Baubranche. Seit 2005 war das Unternehmen überschuldet, der Kontokorrentrahmen war jahrelang, zum Teil mit Sonderkonditionen, erhöht worden, es bestand Insolvenzgefahr. Ohne zu prüfen, ob dieses Unternehmen saniert werden kann, wurden von 2008 bis 2011 weitere drei Millionen Kredit gegeben, am Ende war der Schuldenstand auf über 10 Millionen Euro angestiegen.
Alleine im Zeitraum von 2008 bis 2011 waren 23 Überziehungsbeschlüsse gefällt worden. Der Geschäftsführer des Unternehmens beging im Jahr 2010 Kreditbetrug. Dr. Winter: „Angemessene Reaktion wäre gewesen, nach Bekanntwerden des Betrugs die Geschäftsbeziehung sofort zu beenden. Tatsächlich wurden im Jahr 2011 jedoch weitere Kredite vergeben.“ In diesem Fall wurden bankübliche Arbeitsprozesse umgangen, so war Herr Effenberger sein eigener „Kreditsachbearbeiter“.
Der vierte vorgetragene Fall war die Kreditvergabe von 500 000 Euro im Jahr 2009 an ein schon lange in der Region tätiges Unternehmen, zu der die Bank bislang nicht in Geschäftsverbindung stand. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens waren schlecht, für 2008 wurde ein Verlust von 600 000 Euro ausgewiesen, die Eigenkapitalausstattung war schwach. Bereits vor Entscheidung über die Kreditvergabe wollte das Unternehmen sofort 250 000 Euro überwiesen haben und das, obwohl die Gesellschafter und der Geschäftsführer angeblich über ein Vermögen in Millionenhöhe verfügen sollten. Als Sicherheit diente eine Sicherungsübereignung des Warenlagers; diese war jedoch wertlos, da das Unternehmen über kein Warenwirtschaftssystem verfügte, mit der man Eigentum der Volksbank am Warenlager eindeutig hätte bestimmen können. Auch hatten die zwei Gesellschafter und der Geschäftsführer des Unternehmens Bürgschaften über je 50 000 Euro übernommen.

Spätestens mit Insolvenz eines anderen Unternehmens, an der Gesellschafter und Geschäftsführer des kreditierten Unternehmens beteiligt waren, hätten die Alarmglocken klingeln müssen. Geboten wäre die Verstärkung der Sicherheiten gewesen. Dies unterblieb. Sowohl das Unternehmen als auch ein Gesellschafter und der Geschäftsführer meldeten Insolvenz an. Letztlich wurden 400 000 Euro in den Sand gesetzt.“
Dass die Vertreterversammlung am Ende mit klarem Votum (184 der 195 anwesenden Vertreter) dafür stimmte, Regressforderungen zu stellen, war nach diesen Ausführungen nicht anders zu erwarten. Dieser Beschluss war aber auch notwendig, damit die Schadensersatzklage überhaupt Aussicht auf Erfolg habe, sagte Dr. Winter. Ob die Pflicht zu Schadensersatz überhaupt besteht, müsse aber ein Gericht entscheiden. Die Bank hofft aber darauf, dass mit den beiden ehemaligen Vorständen eine außergerichtliche Einigung zustande kommt.

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