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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Feierliche Übergabe der Reichskrone und des Reichsapfels an die Stadt

Große Inszenierung, große Dramaturgie! Nach einem festlichen gregorianischen Introitus durch zehn Sänger der St. Michaels-​Chorknaben war genau zum Jahrestag der Staufersaga-​Premiere der Augenblick gekommen, an dem die Vitrine mit den beiden Reichskleinodien in der Johanniskirche vom roten Samt befreit werden konnte.

Sonntag, 30. Juni 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 50 Sekunden Lesedauer

Von Brigitte Düppe
SCHWÄBISCH GMÜND. Unter begeistertem Applaus erstrahlten die neuen Schätze vor den vielen geladenen und interessierten Gästen und Ernst Kittel konnte mit Walther von der Vogelweides Worten sagen: „Ein Wunder erblickt ihr da.“
Es war Prof. Dr. Hubert Herkommers Aufgabe, das Staunen mit dem dazu gehörenden Wissen um diese sakral-​politischen Kunstwerke zu ergänzen. „Was man außen sieht, ist nicht ohne Zeichenhaftigkeit. Es deutet auf etwas hin, was im Innern ist“, so beschrieb es der Zeitgenosse von der Vogelweides, Thomasin von Zerclaere. Nichts diene ausschließlich dem äußeren Glanz. Auch die Ausgestaltung der Krone sei bis ins kleinste Detail, auch im Zahlenbereich, in erster Linie Programm und Botschaft.
So sollen die Bildtafeln den Träger immer daran erinnern, sein Amt jenseitsorientiert, gerecht sowie dem Guten und Jesus zugewandt auszuüben. Zwischen 1198 und 1486 sei die Krone von sieben verschiedenen Herrschern des Hl. Römischen Reiches deutscher Nation getragen worden. Sie befinde sich heute nur noch als Fragment in der Schatzkammer der Wiener Hofburg, da vor allem der ursprüngliche „Waise“, ein großer Opalstein, fehle, den Walther von der Vogelweide als „Polarstern“ bezeichnete, „der den Fürsten Orientierung gibt“.
Stolz verwies OB Richard Arnold auf die Tatsache, dass die „Gmünder“ Krone sich an der Originalfassung orientiert habe und deshalb eigentlich die prächtigere sei. Er war voll des Dankes über das, was in der „Werkstattatmosphäre Gmünd“ möglich sei. Er dankte allen Sponsoren, Spendern und vor allem Doris Raymann-​Nowak und ihrer Werkstatt mit Annelore Baukus, Justine Birkner, Birte Lipp und Alkie Osterland für das Kronenwunderwerk, sowie Hans Vetter für die perfekte Kopie des Reichsapfels. Dieser habe übrigens bei all den Superlativen in aller Bescheidenheit gemeint: „ Was a recht’r Gmünder Goldschmied isch, der ko des!“
Unter den Orgel-​Jubelrufen auf den Herrscher, gespielt von Münsterorganisten Stefan Beck, wandelte die illustre Gesellschaft anschließend hinüber in den Predigerinnenhof, wo das leuchtende Rot des Krönungsmantels einen sofort in den Bann zog und das Ensemble „Amoroso“ unter Andreas Kümmerle die Gäste liebevoll empfing.
Der von der „Stadt der Patente und Talente“ sichtlich beeindruckte Landrat Klaus Pavel beschwor das außergewöhnlich bürgerschaftliche Engagement, das in dieser sich wandelnden Stadt so überdeutlich zutage trete. Da sei ansteckend und so seien viele Ostälbler inzwischen „zu Gmündern, zu Staufern“ geworden. Und er gedachte hierbei des Mannes, der mit seinen Impulsen und mit seinen Visionen viel davon initiiert habe, an Stephan Kirchenbauer-​Arnold. Und wer genau hinschaute, der sah sie auch, die Kerze und die weißen Rosen für ihn neben dem Krönungsmantel.
Mit einem dreifachen Danke für das Alleinstellungsmerkmal und den Mehrwert dieser Stadt und dieses Kreises übergab er noch einmal an Professor Herkommer, der sich jetzt mit dem fast fertigen, 1,10 Meter langen Reichsschwert, hergestellt von Jürgen Musch und Werner Wolf, beschäftigte. Gleich darüber angebracht galt seine Aufmerksamkeit den prächtigen Handschuhen, einer Arbeit von Christa Jäger, Ursula Röttele und Joachim Spranger.
Das Original des Krönungsmantels stamme aus dem 12. Jahrhundert aus einer Werkstätte in Palermo auf Sizilien und zeige zentral eine Palme als Lebensbaum, umrahmt von zwei spiegelbildlich dargestellten Löwen, die jeweils ein Kamel erlegten. Ornamentale Stickereien in kufischer (arabischer) Schrift umsäumten das Prachtwerk.
Herkommers umfassende Ausführungen zu allen Reichskleinodien gebe es demnächst in gedruckter Form, verriet OB Arnold in seinem Schlusswort und Dank. Die Beschaffung der Materialien, die Farbtonwahl und die Durchführung stellten eine schier unglaubliche Herausforderung dar, der sich vierzehn Frauen und Männer um Gundi Mertens wagemutig und kompetent gestellt hätten. Über zwei Millionen Stickstiche, zweiundfünfzig Kilometer Gold-​und Silberfäden, 196 Meter Perlen a’ 2,5 Millimeter seien zu verarbeiten. Auch an dieser Stelle würdigte er die zahlreichen Gönner, Spender und Sponsoren, die solche Werke erst möglich gemacht hätten.
Inzwischen seien Krone und Reichsapfel von der Johanniskirche zum genaueren Bestaunen in den ersten Stock gebracht worden, verkündete Dr. Monika Boosen, die sich zuversichtlich zeigte, dass im Dezember dann alles im ungestalteten dritten Stockwerk am richtigen Platz stehe. Ein wahrhaft würdiges Ereignis in der ältesten Staufer,- Gold –und Silberstadt.

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