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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Erörterungstermin in Sachen Mühlbach: Es scheint sich eine Kompromiss-​Lösung zu entwickeln

Warum spricht man nicht direkt mit uns? Die Bürgerinitiative „Rettet den Mühlbach“ hat diese Frage mehrfach in den Raum gestellt. Gestern wurde auf Einladung der Stadt dann tatsächlich miteinander diskutiert. Ein Termin vor Ort soll folgen – und ein möglicher Kompromiss wurde angedacht.

Dienstag, 16. Juli 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 51 Sekunden Lesedauer


Von Gerold Bauer
SCHWÄBISCH GMÜND. Der Abbruch des alten Remswehrs zwischen Zimmern und Böbingen — einst angelegt, um Wasser aus dem Fluss in einen Kanal abzuzweigen und damit Mühlen anzutreiben — hat in den vergangenen Wochen Unmut und bürgerlichen Protest hervorgerufen. Die Folgen dieses Eingriffs in ein Ökosystem, das sich über einen sehr langen Zeitraum entwickelt hat, seien vom Landschaftserhaltungsverband (der die Maßnahme geplant und ausgeführt hat) sowie vom Geschäftsbereich Wasserwirtschaft des Ostalbkreises nicht hinreichend berücksichtigt worden. Deshalb laufe der ehemalige Kanal, der über die Jahrzehnte längst zu einem natürlichen Bach geworden sei, massiv Gefahr, auszutrocknen oder zu einem schlammigen Tümpel zu werden.
So lauteten die Vorwürfe, die die Bürgerinitiative den am Verfahren beteiligten Behörden im Ortschaftsrat, in Protestveranstaltungen sowie in Leserbriefen gemacht haben (die RZ berichtete ausführlich). Und es wurde scharf kritisiert, dass die Bürger aufgrund der schnellen Realisierung der Baumaßnahme gar keine Zeit gehabt hätten, ihre auf langjähriger Erfahrung beruhenden Bedenken und Ideen vorzubringen.
Unter der Moderation des Gmünder Tiefbauamtsleiters Jupp Jünger saßen nun gestern alle Beteiligten an einem großen Tisch — allerdings nicht, um über die Vergangenheit zu streiten, sondern um einen Weg zu finden, wie auf der Basis der aktuellen Situation der Mühlbach als Fließgewässer und Biotop erhalten werden könnte. Dabei wurde seitens der Behörden mehrfach betont, dass man das Thema „Erosion“ aufgrund der geringen Veränderungen im dortigen Flussbett der Rems vernachlässigen könne.
Der Geschäftsführer des Landschaftserhaltungsverbands (LEV), Ralf Worm, und Bettina Seyfert vom Landratsamt vertraten die Ansicht, dass die Eigendymnamik der Natur sehr wichtig sei und es daher ökologisch sehr hoch zu bewerten sei, dass die Rems nun in diesem Bereich wieder ihren natürlichen Lauf zurück erhalten habe. Dabei zeigte sich in der Diskussion, dass der neue Radweg nebst Brücke und Wasserfall auch den Mitgliedern der Bürgerinitiative aus Zimmer gut gefällt. Das Problem bestehe nur darin, dass nun kein Remswasser mehr in den Mühlbach fließe und die Lehmbergquelle mit zwei bis vier Litern pro Sekunde keine ausreichende Schüttung aufweise, um ein Austrocknen zu verhindern, wiederholten die Vertreter der Bürgerinitiative (Ritzer, Grimminger, Beyer, Elser, Wiesner und Butz). Und sie wollten es nicht gelten lassen, dass man von amtlicher Seite den Mühlbach einfach als „Kanal“ und damit als weniger schützenswert abqualifiziere.
Dem wurde entgegen gehalten, dass dieses Fließgewässer sowie das Remswehr historisch und aus rechtlicher Sicht technische Bauwerke zur Nutzung der Wasserkraft seien, die man eigentlich laut Gesetz nach dem Erlöschen des Wasserrechts wieder komplett zurückbauen müsste. Freilich sei allen bewusst, dass der Mühlbach/​Mühlkanal ein Biotop für Flora und Fauna geworden sei und nicht einfach zugeschüttet werden dürfe.
Landschaftsarchitekt soll
einen Vorschlag ausarbeiten
Seitens der ehemaligen Inhaber des Wasserrechts, Sabine und Andreas Konradi, wurde ergänzt, dass sie seit langer Zeit große Belastungen damit haben, dass Wasser direkt unter ihrem Haus fließt (Lärm, Schlamm, Insektenplage) und sie diesen Zustand sowie etwaige Kosten durch künftige Gesetze nicht als „Erblast“ ihren Nachkommen hinterlassen möchten. Dafür zeigten die Vertreter der Bürgerinitiative Verständnis.
Eine Möglichkeit, aus dem Dilemma widersprüchlicher Interessen heraus zu kommen, zeigte Jupp Jünger auf. Unter der Bedingung, dass Investitionen für den Erhalt des Mühlbach-​Biotops der Stadt als Ausgleichsmaßnahme bei der Erschließung eines Baugebiets angerechnet werden, wäre die Stadt bereit (obwohl sie es laut Gesetz nicht müsste), Geld für den Mühlbach im Haushalt bereit zu stellen. Im Auftrag der Stadt solle der freie Landschaftsarchitekt Rainer Rübsamen aus Stuttgart ein Konzept hierfür entwickeln — zum Beispiel in Form einer Verengung des Mühlbach-​Querschnitts, um die Strömungsgeschwindigkeit zu erhöhen und so trotz weniger Wasser eine Entwicklung vom fließenden zum stehenden Gewässers zu verhindern. Auch die Sanierung des Aquädukts soll geplant werden.
Darüber, ob man dazu auch Remswasser abzweigen kann oder nicht, gingen die Meinungen gestern allerdings auseinander. Seitens des Landratsamts wurde dies (mit Verweis auf EU-​Recht) als nicht zulässig bezeichnet, seitens der Bürgerinitiative wurden Beispiele aus Baden-​Württemberg (Baiersbronn, Oberkirch) ins Feld geführt, wo dies mit vereinten Kräften von Politik, Verwaltung und Bürgerschaft sehr wohl möglich gewesen sei.

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