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Fast eine Verdoppelung: Bürgerversammlung in Leinzell mit dem Schwerpunkt Abwasser

Offenbar wurde vieles versäumt in den vergangenen 16 Jahren – jetzt hat Leinzell keine andere Wahl, als auf einen Schlag die Gebühren heftig zu erhöhen. In der nächsten Gemeinderatssitzung, so zeichnet sich ab, steigt die Niederschlagsgebühr von 36 auf 70 Cent, die Schmutzwassergebühr von 1,60 auf 2,90 Euro – fast eine Verdoppelung. Kein sehr erfreuliches Thema bei der Bürgerversammlung am Dienstag Abend. Kritik wurde laut, alles in allem aber Bürgermeister Ralph Leischners Sicht akzeptiert: „Wir können die Zeit nun mal nicht zurückdrehen, und es gibt keine Alternative.“

Dienstag, 02. Dezember 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 57 Sekunden Lesedauer

LEINZELL (bt). Ziel dieser Bürgerversammlung war in erster Linie ein Appell an die Leinzeller, mitzutragen was sich nicht vermeiden lässt. Leischner: „Weil wir euch, unsere Bürgerinnen und Bürger, brauchen, um unsere Gemeinde zukunftssicher zu machen“. Große Veränderungen stünden an, die große Einschnitte bedeuteten. Konkret: Ein Anheben der Abwassergebühren um 1,64 Euro auf 3,60 Euro.
Die großen Aufgaben der kommenden Jahre aus dem Bereich der Tiefbaumaßnahmen führen tief in Bau– und Kommunalrecht, in Ingenieurwesen, Förderrichtlinien, gesetzliche Bestimmungen. Josef Strobel von der Kommunalaufsicht des Landratsamtes beantwortete Fragen – er ist unter anderem dafür zuständig, den Leinzeller Haushaltsplan zu genehmigen; in seine Zuständigkeit fällt alles, was mit dem Thema Finanzen zu tun hat. Auch Fritz Schuldt vom Geschäftsbereich Wasserwirtschaft war dabei, Verbandskämmerer Stefan Schürle, die Ingenieure Fischer und Gruss vom Büro LK&P und andere mehr.
Für das Einleiten von Schmutzwasser in die öffentliche Kanalisation ist eine Genehmigung des Landratsamts erforderlich, die für Leinzell bereits 2011 nicht erneuert wurde: Die vor 20 Jahren eingebauten vier Regenrückhaltebecken entlang der Lein funktionieren nicht richtig und sind vor allem viel zu klein dimensioniert. Die Kanäle in Leinzell weisen nicht nur erhebliche Schäden auf, seit Jahren schon, sondern sind teilweise auch hydraulisch überlastet – die vorhandene Kanlagröße reicht für die Schmutzwassermenge schlicht nicht aus. Die bestehenden Regenrückhaltebecken müssen nun umgebaut werden, vor allem muss ein neues Becken mit einem Fassungsvermögen von 600 Kubikmetern gebaut werden – das Ganze kostet 1,6 Millionen Euro und wird vom Landratsamt nur bezuschusst, wenn die Gemeinde im Abwasserbereich kostendeckend arbeitet: Es geht um eine Zuschuss von 80 Prozent in Höhe von 1,28 Millionen Euro, auf den Leinzell schlicht nicht verzichten kann. Die Gebührenerhöhung ist unvermeidbar. Die enormen Kosten sind nicht in ein, zwei Jahren zu schultern; so wurde gemeinsam mit dem Landratsamt ein Stufenplan erarbeitet, um die notwendigen Maßnahmen auf die nächsten zehn Jahre zu verteilen. Dieser Plan wurde detailliert vorgestellt und endet 2025 mit dem Abschluss der Kanalsanierungsmaßnahmen und der Senkung der Abwassergebühren. „Das will ich sehen“, hieß es skeptisch aus den Reihen der Zuhörer.
Es wurde viel zu wenig
in den Tiefbau investiert
Insbesondere beim maroden Kanalsystem, von dem die Gemeinde seit vielen Jahren weiß, wurde gestern mehrfach gefragt, „wie es soweit kommen konnte“, warum in diesem Bereich so wenig investiert wurde. Die Frage, warum die Abwassergebühr nicht über Jahre hinweg immer wieder moderat erhöht wurde, lässt sich leicht beantworten. Mehr als kostendeckend geht nicht, mehr als 100 Prozent dürfen den Bürgerinnen und Bürgern gar nicht abverlangt werden. Weil so wenig investiert wurde, war Leinzell bislang der viertgünstigste von 42 Anbietern im Kreis; es fielen schlicht kaum Kosten an. Nach der Erhöhung liegt man auf Platz 13, was – auch im Blick auf die vielen Flächengemeinden mit ungleich höherem Aufwand – schon ein heftiger Sprung ist. Bürgermeister Leischner erklärte, Verwaltung und Gemeinderat hätten damals andere Schwerpunkte gesetzt. Mit dem Schulzentrum sowie dem Kultur– und Sportzentrum war dies ganz klar der Hochbau; dadurch, so Leischner, habe sich Leinzell zur Mittelpunktgemeinde im Verband gemausert.
Nicht wenige Zuhörer hatten einiges dazu zu sagen, dass „man’s 16 Jahre hat schleifen lassen“, dass die Gebührenerhöhung jetzt „mit einem Schlag wie eine Dachlawine“ auf die Bürger zurolle. Auch dass Leischner die – seit Jahren angemahnte – Grundsteuererhöhung für die kommenden Jahre nicht ausschließen konnte, machte nicht glücklich. Ebenso Thema sind die mit den Kanalarbeiten verbundenen Straßenbaumaßnahmen und die Frage der Erschließungsbeiträge, die im Einzelnen abzuklären sind. Über allem stand die Erkenntnis, dass alles Lamentieren nicht hilft und dass in Härtefällen nach Lösungen gesucht wird. Auch die Verdolung kritischer Stellen in zwei Bachläufen, die, so Anliegern zufolge, bei Starkregen große Zerstörung anrichten, ist im Gespräch.
Weitere Themen der Versammlung waren die Ergebnisse der Bürgerbefragung zur Gemeindeentwicklung sowie das Verkehrsproblem und die Kosten für einen „Lärmaktionsplan“ bzw. andere Möglichkeiten, Abhilfe zu schaffen.

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