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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

„Alle anderen leiden darunter“: Die große Mehrheit der Flüchtlinge distanziert sich von den Protesten

Und der größte Teil der Flüchtlinge in der Gemeinschaftsunterkunft auf dem Hardt ärgerte sich am Freitag über die wiederholte und stets nach dem selben Muster stattfindenden Proteste – und distanzierte sich ausdrücklich.

Freitag, 11. April 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 33 Sekunden Lesedauer


SCHWÄBISCH GMÜND (bt). Keine zehn Flüchtlinge und noch einmal so viele Sympathisanten sorgten gestern durch Randale in der Kaserne und in der Stadt selbst für großes Aufsehen. Zeitgleich aber waren fast 30 oben im „Himmelreich“ der Landesgartenschau gemeinsam mit den Vereinen bei Vorarbeiten für die Sommeraktionen; insgesamt finden sich 65 Flüchtlinge unter den Ehrenamtlichen. Auch diejenigen, die Intensivsprachkurse besuchen oder bereits in einer Ausbildung sind, waren selbstverständlich nicht auf den Straßen und vor dem Polizeirevier zu sehen. Und der größte Teil der Flüchtlinge oben in der Kaserne ärgerte sich – und distanzierte sich ausdrücklich. Abdul Kayyum und Rashid Mahmood aus Pakistan etwa betonten mehrfach, es seien nur „sehr, sehr wenige“ unterwegs, und das ganz sicher nicht im Namen der Bewohner. Die Protestler hätten offenkundig andere Beweggründe als die öffentlich gemachten – Beweggründe die mit dem Leben in Gmünd und in der Kaserne nichts zu tun hätten. Mahmood etwa kann nicht fassen, was da gestern passierte. Der 38-​Jährige, der in seiner Heimat Teppichboden verlegte, bis er keine Alternative zur Flucht sah, leidet sehr unter der Einsamkeit und der erzwungenen Untätigkeit – er kann’s nicht erwarten, irgendwo eingesetzt zu werden.

Hauptamtsleiter Helmut Ott und Stadtsprecher Markus Herrmann sehen ebenfalls „eine laute, aber extrem kleine Minderheit“ in Aktion, der es nicht um regionale und lokale Themen gehe, sondern ganz bewusst um „Stimmungsmache“. Die Zahl der „hochmotiviert für Gmünd Engagierten“ sei ungleich höher.

Zwischen den Menschen, die hierher geflohen sind, liegen Welten, in jeder Beziehung. Nicht selten ist das einzige, was sie verbindet, die Adresse auf dem Hardt. Gmünd setzt darauf, sie alle nicht länger auf ihre Fallnummer zu reduzieren, sondern darauf, wer sie sind, was sie tun können und wollen: Flüchtlinge als Begabungs– nicht als Bedrohungspotenzial zu sehen, als Bereicherung, nicht Belastung, ist ein neuer Ansatz. Die Stadt setzt auch weiterhin auf das Fünfstufenmodell, das in Sprachkurse, bürgerschaftliches Engagement – unter anderem in Senioreneinrichtungen und Blindenheim – und wenn irgend möglich in eine Ausbildung mündet. In diesem Modell, das weit über das gemeinhin Angebotene hinausgeht, haben private Sponsoren und Unterstützer eine große Rolle übernommen.

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