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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

1514: Der Bauernaufstand im Remstal

Foto: privat

Wie weit dürfen Bauernproteste gehen? Blockaden von Autobahnen, Ablegen von Misthaufen vor Regierungsgebäuden? Wann schlägt legitimer Protest in gewalttätigen Aufruhr um? Die Frage stellt sich heute wie auch vor 500 Jahren. Der Gmünder Geschichtsverein beschäftigte sich damit.

Sonntag, 21. April 2024
Thorsten Vaas
2 Minuten 22 Sekunden Lesedauer

1514 ging mit dem Aufstand des Armen Konrad der erste größere Bauernaufstand in der Region über die Bühne, als Ouvertüre des Großen Bauernkrieges 1525, der sich dann nächstes Jahr zum 500. Mal jähren wird. Der Gmünder Geschichtsverein widmete sich in seinem April-​Vortrag dem Aufstand des Armen Konrad. Er hatte dafür mit Dr. Georg Wendt, dem Stadtarchivar von Aalen, den denkbar besten Referenten gewonnen; er hatte zu diesem Thema seine Doktorarbeit geschrieben.
Der Arme Konrad hieß eigentlich Peter Geis aus Beutelsbach. Wie genau der Aufstand zu seinem Namen kam, ist nicht wirklich bekannt, er steht wohl einfach für den einfachen Mann aus dem Volk. Schon längere Zeit hatte es in Württemberg rumort, der junge Herzog Ulrich hatte sein Land in den finanziellen Bankrott geführt und wollte dies mit einer allgemeinen Verbrauchssteuer durch Verschlechterung der Maße und Gewichte ausgleichen. Das traf zwar alle, aber natürlich am stärksten die kleinen Leute. Diese wollten zunächst einfach nur diese dauernde und als ungerecht empfundene Verschlechterung ihrer ohnehin prekären Lebensumstände nicht mehr hinnehmen. Sie wollten darüber selbst mitbestimmen – wie in der Schweizer Eidgenossenschaft.
Als Initialzündung des daraus resultierenden Widerstands gilt die Tat des Peter Geis, der am 2. Mai 1514 die neuen Gewichte entwendete und demonstrativ in die Rems warf, die Bauern im unteren Remstal zusammenrief und mit ihnen nach Schorndorf zum nächsten Kreisgericht zog. Dort wollten sie ihre Klagen und Forderungen vorbringen. Man blieb dabei friedlich und hielt den Dienstweg ein, war damit aber nicht erfolgreich. Die Sache griff um sich, Herzog Ulrich machte einen Rückzieher, der sich bald als Finte herausstellen sollte. Zuerst sagte er die Rücknahme der Steuer zu und versprach einen allgemeinen Landtag in Stuttgart, wo jeder Untertan seine Beschwerden vorbringen könnte. Er rief einen Landtag ein, aber nach Tübingen und nur für die Ehrbarkeit, also für die besseren Bürger der Städte, die das Geld hatten, das der Herzog brauchte. Und mit ihnen wurde er dann handelseinig, wenn auch nur unter großen Zugeständnissen. Der am 8. Juli geschlossene Tübinger-​Vertrag regelte für die Zukunft das Mitspracherecht der württembergischen Landstände an der Politik des Landes. Dieser Vertrag gilt bis heute als eine erste württembergische Verfassung, damals etwas unerhört Neues in ganz Deutschland. Sie galt bis ins 19. Jahrhundert hinein.
Waren die Bauern mit ihrem mutigen Aufbegehren also erfolgreich gewesen? Die Reaktion des Herzogs kam prompt. Der ihnen zugesagte Bauernlandtag wurde gestrichen, die Bürger hielten Ruhe und die Bauern sahen sich geprellt. Als sie nicht klein beigeben wollten und sich erneut in Schorndorf versammelten, zog der Herzog in Waiblingen Truppen zusammen, obwohl die Proteste bis dahin weitgehend friedlich und ohne Blutvergießen verlaufen waren. Angesichts des militärischen Drucks lief der Haufen auseinander, die Anführer oder die man dafür hielt wurden verhaftet und vor Gericht gestellt und verurteilt. Acht von ihnen wurden vor der Stadt Schorndorf hingerichtet.
Dass damit zwar Luft aus dem Kessel war, aber nur kurz, wurde deutlich als der Referent zum Schluss von einem Bauern aus Rohrbronn bei Winterbach berichtete, der 1514 davongekommen war, aber schon 1525 beim großen und nun gewalttätigen Aufstand wieder dabei war. Er sollte dann auch nicht mehr an Gmünd vorbeigehen. „Aber das soll dann Gegenstand eines Vortrags im nächsten Jahr sein“, schreibt der Gmünder Geschichtsverein in einer Pressemitteilung.

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